Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen. Von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Zum 1. Juli ist die Mehrwertsteuer gesenkt worden. Der Chemnitzer Steuerberater Jens Hörhold von der Kanzlei Ecovis beantwortet wichtige Fragen von Verbrauchern und Selbstständigen.

Sind ab sofort wirklich sämtliche Waren und Dienstleistungen für die Kunden billiger ?

Theoretisch ja. Die neuen Steuersätze gelten für Waren und Dienstleistungen ab Juli 2020. Der Handel verlangt dann anstatt 19 oder sieben Prozent Mehrwertsteuer lediglich 16 oder fünf Prozent. Große Einzelhandelsketten haben angekündigt, dass sie die Preissenkung an die Kunden weitergeben, obwohl die Lebensmittelpreise aktuell kräftig anziehen. Viele gastronomische Betriebe geben aber zu, dass es aufgrund der Preissteigerungen im Einkauf für sie unmöglich ist, die Preise zu senken.

Lohnt es sich tatsächlich, größere Anschaffungen gezielt im zweiten Halbjahr 2020 zu tätigen?

Wer sich als Verbraucher etwa ein Auto kaufen will, der profitiert vom niedrigeren Mehrwertsteuersatz ab Juli. Gerade bei größeren Investitionen lohnt es sich, den Kauf in die Zeit zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember zu legen. Kostet das Auto bisher 30.000 Euro, sind ab Juli nur noch 29.243,69 Euro zu bezahlen, also gut 750 Euro weniger. Die entscheidende Frage dürfte aber sein, ob die Unternehmen die Steuersenkung tatsächlich an die Verbraucher weitergeben und die Preise senken.

Welcher Steuersatz gilt eigentlich, wenn ich jetzt Waren umtausche, die ich im Juni mit 19 Prozent Mehrwertsteuer gekauft habe?

Beim Umtausch einer Ware wird die ursprüngliche Lieferung mit 19 Prozent Mehrwertsteuer rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 1. Juli gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstandes der Steuersatz von 16 Prozent maßgeblich. Man spart 2,5 Prozent oder bei Lebensmitteln circa 1,9 Prozent.

Was ist bei Leasingverträgen seit 1. Juli anders?

Leasingverträge sind Dauerleistungen, bei denen ein monatlicher Leistungs- oder Zahlungszeitraum vereinbart wurde. Steuerrechtlich liegt eine Teilleistung vor, die bis zum 30. Juni mit dem alten Steuersatz von 19 oder sieben Prozent abzurechnen ist. Für alle Teilleistungen, die in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 ausgeführt werden, gilt ein Steuersatz von 16 oder fünf Prozent. Leasingverträge sind für den Übergangszeitraum der Steuersatzsenkung entsprechend zu ändern.

Was ist jetzt bei Abonnements zu beachten?

Abos und Saisonkarten lassen sich nicht in monatliche Teilleistungen splitten. Es handelt sich daher um eine einheitliche Leistung, die erst am Ende der Laufzeit als ausgeführt gilt und für die der dann gültige Steuersatz maßgeblich ist. Für das im Februar bezahlte Fitness-Studio gilt daher: Ende Januar 2021 ist die Leistung erbracht, und dann gilt wieder der Mehrwertsteuersatz 19 Prozent.

Was ist bei Anzahlungen für Handwerker wichtig, falls ein Angebot im Juni eingeholt und ein Teilbetrag angezahlt wurde, die Dienstleistung aber erst im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführt wird?

Sind im Angebot die Einzelposten ausgewiesen - also Nettobetrag plus Umsatzsteuer - wird es für den Kunden billiger. Die Firma muss dann den geringeren Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen.

Bei Unternehmern ist die Mehrwertsteuer ein durchlaufender Posten. Lohnt es, jetzt beispielsweise Laptops anzuschaffen oder einen Firmenwagen zu kaufen, wenn dann nur 16 Prozent Mehrwertsteuer auf der Rechnung stehen?

Für Unternehmer, die die Umsatzsteuer durchreichen, wird es nicht günstiger. Sie sollten darauf achten, dass sie Rechnungen mit der richtigen Mehrwertsteuer ausstellen und nur Rechnungen mit dem korrekten Mehrwertsteuersatz akzeptieren. Diese Ermäßigungen finden im Übrigen auch Eingang in die Umsatzsteuervoranmeldung.