Die Kunden des niederländischen Brokers Degiro erhalten in diesen Wochen die Information, dass sie ab sofort ein ordentliches Wertpapierverrechnungskonto eröffnen können - bei der Flatex Bank. Sichtbares Zeichen dafür, dass Degiro inzwischen komplett zum deutschen Anbieter Flatex gehört. Auf der Hauptversammlung am 20. Oktober wurde die Brokerehe mit der Umfirmierung zur FlatexDegiro AG offensichtlich.

Doch warum hatten Degiro-Kunden bisher überhaupt kein eigenes Verrechnungskonto? Klingt erst einmal seltsam, lag aber daran, dass der niederländische Broker als Investmentfirma und nicht als Bank mit Einlagengeschäft lizenziert war. Daher wurden Kundengelder, die nicht in Wertpapieren investiert waren, auf ein Sammelkonto bei einer gesonderten Verwahrstelle eingezahlt und sofort in einen Cashfonds investiert, über die Einlagensicherung waren daher nur 20 000 Euro abgesichert.

Der niederländischen Zentralbank war das dem Vernehmen nach ein Dorn im Auge. Mit der Übernahme durch Flatex erhalten Degiro-Kunden ein eigenes Verrechnungskonto, auch die Einlagensicherung erhöht sich auf nun 100 000 Euro. Eine neue Legitimation müssen sie nicht durchlaufen. Kunden haben 45 Tage Zeit, das Konto zu eröffnen. Wer bis dahin nicht wechselt, erhält die derzeitigen Negativzinsen auf dem Geldmarktfonds nicht mehr durch Degiro kompensiert. Ohnehin soll die Geldmarktfondslösung auslaufen.

Negativzins auf Verrechnungskonto

Um Negativzinsen kommen die Kunden derzeit nicht herum. Flatex verlangt für Guthaben auf dem Verrechnungskonto derzeit einen Negativzins von 0,5 Prozent. Die Depotführung selbst kann aber bei Degiro verbleiben. Bei Flatex selbst kostet das Depot inzwischen jährlich 0,1 Prozent der Anlagesumme.

Mit der Brokerehe will die FlatexDegiro AG eine übergreifende europäische Plattform schaffen, ein Kunde soll dann wählen können, welche Angebote er von welchem Broker nutzt. "Unser Ziel ist es, Kunden beider Anbieter das Beste aus beiden Welten anzubieten", sagt Chef Frank Niehage. Sein Haus zählt sich inzwischen zu den größten Onlinebrokern Europas. "Die Marktvolatilität hat sich sehr positiv auf das Tradingverhalten unserer Kunden ausgewirkt", sagt Niehage. "Deshalb heben wir unsere Erwartung für 2020 auf 1,2 Millionen Kunden und 70 Millionen abgewickelte Transaktionen an."

Im Inland und in Österreich setzt man nun ganz auf die Marke Flatex. In den Niederlanden und weiteren 16 europäischen Ländern ist es umgekehrt. Und ein weiteres Ziel heißt baldige Notierung im SDAX. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist seit dem 26. Oktober erfüllt: Seither notiert der Broker im Prime Standard.

Auch die Konkurrenz schläft nicht, sondern will die Deutschen, die in der Corona-Pandemie ihre Lust an der Börse (wieder-)entdeckt haben, für sich gewinnen. So hat ING, in Deutschland die größte Direktbank, gerade die Mindestrate bei Wertpapiersparplänen von 50 Euro auf einen Euro gesenkt. Die Gebühren liegen unverändert bei 1,75 Prozent, sofern man keinen Kostenlos-Sparplan abschließt. Von denen gibt es bei Fonds und ETFs rund 200. Auch bei Trade Republic, dem rapide wachsenden Smartphonebroker, gibt es Sparpläne inzwischen ab zehn Euro Mindestanlage, rund 300 ETF-Sparpläne sind kostenlos, ansonsten kostet es einen Euro pauschal. Flatex belässt derzeit die Mindestrate bei 50 Euro, mehr als 250 ETF-Sparpläne sind kostenlos.

Bald will Flatex die vereinfachte Nutzeroberfläche "flatex next" auf den Markt bringen, die sich an Neukunden und Börseneinsteiger richtet. Wer möchte, kann aber jederzeit auf die herkömmliche Oberfläche umschalten, die Konditionen sind dieselben. Dennoch dürfte sich flatex next gezielt an die Anleger richten, die vielleicht mit einem Depot bei den neuen Billigstbrokern à la Trade Republic, Justtrade oder Smartbroker liebäugeln, die seit 2019 an den Markt gingen. Diese bieten den Wertpapierhandel zumindest an ausgewählten Handelsplätzen für lau oder für eine niedrige Fremdkostenpauschale an.

Das ließ die ehemaligen Preisbrecher Flatex und Degiro im Vergleich durchaus teuer aussehen. In noch einem Punkt orientiert sich Flatex an der Billigstkonkurrenz: Der Handel an deutschen Regionalbörsen ist inzwischen weitestgehend gestrichen. Dort können nur noch die Aktien gehandelt werden, die nicht an den Hauptbörsen notieren.