Firmenerben genießen steuerliche Vorteile. Gegen die Ungleichbehandlung klagt ein betroffener Steuerzahler in Karlsruhe. Ist die Erbschaftssteuer bei privaten Vermögen also verfassungswidrig? Wie seine Chancen stehen. Von Stefan Rullkötter

Leser fragen - die Redaktion antwortet

Der Fall: Im Januar 2022 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Erbschaftsteuer auf Privatver­ mögen nicht deshalb verfassungswidrig ist, weil parallel eine „Überbegünstigung von Betriebs­ vermögen“ zu verzeichnen wäre (Az. II B 49/21). Ich habe von einem alleinstehenden, kinderlosen Bruder geerbt und finde es ungerecht, das mir hier lediglich ein Freibetrag von 20 000 Euro zusteht, während Unternehmensnachfolger auf Millionen­ werte keine Abgaben zahlen . Gibt es wegen dieser Ungleichbehandlung aktuell weitere Verfahren?

Börse Online:  Der beim BFH unterlegene Erbschaftsteuerpflichtige hat gegen den Beschluss des obersten Finanzgerichts nun Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt (Az. 1 BvR 804/22). Begünstigte von privatem Vermögen, die Erbschaft- und Schenkungsteuer entrichten müssen, können sich auf das Verfahren berufen. Der klagende Steuerzahler erfährt durch Linkspartei Unterstützung. Sie hält die Verfassungsbeschwerde für begründet und hat dazu eine umfangreiche Stellungnahme (Fundstelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Drucksache 18/2023) veröffentlicht.

Die Argumentation des Beschwerdeführers: Erben von Betrieben mit bis zu fünf Beschäftigten zahlen grundsätzlich keine Erbschaftsteuer. Bei größeren Firmen bleibt Betriebsvermögen zu 85 Prozent von Erbschaft- oder Schenkungsteuer verschont, wenn sie mindestens fünf Jahre weitergeführt werden und die Summe der Löhne und Gehälter in dieser Zeit mindestens 400 Prozent der bisherigen Lohnsumme erreicht. Erhalten Unternehmensnachfolger ihre Firma mindestens sieben Jahre, können sie das Betriebsvermögen sogar vollständig erbschaftsteuerfrei stellen lassen.

Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Dabei geht es um ein erhebliches Steueraufkommen: Den Bundesländern flossen zuletzt 9,8 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer pro Jahr zu.

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