Die Co-Leiter des Bereichs Land & Forst beim Immobilienkonzern Colliers über den Handel mit Waldparzellen von Stefan Rullkötter

Foto: Colliers
Eckbrecht von Grone (l.) und Nils von Schmidt

Boerse-Online.de: Wie ist  in Deutschland derzeit der Markt für Wald- und Forstinvestments?
Eckbrecht von Grone: Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Die Inflationsentwicklung verstärkt diesen Trend nochmals. Die Kaufpreise für Waldflächen in Deutschland werden kontinuierlich steigen. Auch die hohe Nachfrage nach Holzprodukten und eine Flächenverknappung durch Versiegelung von Siedlungs- und Verkehrsflächen wirken preistreibend.

Welche Jahresrenditen sind mit Waldgrundstücken realistisch erzielbar?
Nils von Schmidt: Da Holz nicht jährlich geerntet werden muss, ist es von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen viel unabhängiger. In Deutschland sind für Waldbesitzer operativ ein bis zwei Prozent Jahresrendite realistisch. In Neuseeland, Schottland und den USA sind drei bis fünf Prozent möglich.

Kann die Forstwirtschaft beim Kampf gegen die Klimakrise etwas bewirken?
von Grone: Investments in Wald und Forst können helfen, durch eine aktive, nachhaltige Bewirtschaftung den Bestand zu erhalten und klimaresilient umzubauen. Wiederaufforstungs­projekte erhalten die Wälder für nachfolgende Generationen — auch als Holzproduzenten und Klimaschützer.

Wird man als Waldbesitzer ­dafür bald einen Bonus bekommen?
von Schmidt: Künftig werden Ökosystemleistungen des Walds stärker gewichtet. Insbesondere die CO2-Speicherleistung des Walds soll honoriert werden, wie es schon in Großbritan­nien und Neuseeland mit sogenannten Carbon Credits praktiziert wird. Die Honorierung ist vom Bundestag grundsätzlich beschlossen und wird sich zu einer zusätzlichen Einkommensquelle entwickeln. Auch dadurch werden Waldgrundstücke im Wert steigen.

Welche Rolle wird in dem Rahmen der privatwirtschaftlich organisierte Handel mit CO2-Zertifikaten spielen?
von Schmidt: Dieser sollte bereits ab dem kommenden Jahr möglich sein — und im ersten Schritt Wiederaufforstungsprojekte nach schadensbedingten Kahlschlägen wegen Borkenkäferbefall und Sturmschäden betreffen. 

Ab welcher Größenordnung machen Investitionen in Wald und Forst Sinn?
von Grone: Die Untergrenze für eine vernünftige Bewirtschaftung sehe ich bei mindestens 100 Hektar Gesamtgröße zu realistischen Marktpreisen zwischen 10 000 und 20 000 Euro pro Hektar — je nachdem, was an Holzvorrat und Baumarten vorhanden ist. Der auf diesem Weg erworbene Wald ist auch für branchenfremde Investoren gut durch professionelle Management­lösun­gen zu bewirtschaften.

Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland sind mit rund 150 000 Hektar große Waldbesitzer. Sind sie derzeit handelsaktiv?
von Grone: Die Kirche kauft durchaus Flächen, verkauft aber nicht oder nur sehr selten. Mit dieser Strategie sind sie historisch betrachtet gut gefahren.

Der Bundestag hat  entschieden,  auf Alt- und Restholz ab 2024 eine CO2-Steuer einzuführen. Wie ist das zu bewerten  und welche Konsequenzen hat das für Wald- und Forstinvestments in Deutschland?
von Grone: Dieser Beschluss wird die Nutzung von Alt- und Restholz verteuern. Beim Altholz hat das erstmal keine direkten Auswirkungen auf die Forstwirtschaft. Unter Restholz fallen jedoch auch die Nebenprodukte der Sägewerke. Wenn Sie einen Stamm einsägen, werden etwa 50 Prozent zu Balken und Latten und 50 Prozent  zu Restholz. Daraus kann man Holzwerkstoffe wie Spanplatten machen, doch die energetische Nutzung ist nicht unerheblich. Sägewerke nutzen Restholz zum Beispiel  zur Beheizung von Trockenkammern, in denen die Balken und Latten getrocknet werden.

Wie wirkt sich das auf die Weiterverarbeitung von Holz aus?
von Grone:
Die Produktionskosten der Sägewerke werden dadurch steigen, die Margen sinken und die Sägewerke werden versuchen, einen Teil der Einbußen an die Forstwirtschaft weiterzugeben. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Auswirkungen auf die Holzpreise der Forstbetriebe überschaubar sein werden, weil es auf der anderen Seite größere und wichtigere Treiber gibt, die die Holzpreise langfristig stützen. Die Nutzung von Holz in langlebigen Produkten muss und wird mehr werden, um die Klimaziele erreichen zu können.

Aktuell wird um die Novellierung der EU-Richtlinie Erneuerbare Energie („RED III“) gestritten. Das EU-Parlament schlägt vor, den Anteil von Waldholz an der Energieversorgung nach und nach zu vermindern. Wie bewerten sie diesen Plan?
von Schmidt:
Die energetische Holznutzung leistet einen wichtigen Betrag zum Klimaschutz. Gerade im Kontext der Energiewende und des Kohleausstiegs trägt Energiegewinnung aus nachhaltig erzeugtem Holz dazu bei, fossile CO2-Emissionen und die Abhängigkeit von Kohle und Gas zu reduzieren. Wir halten den Ansatz der EU-Richtlinie, Holz nicht mehr auf die Erneuerbare-Energien-Ziele anrechnen zu können, daher für irrig.

Zu den Personen
Eckbrecht von Grone ist Land- und Forstwirt, Diplom-Kaufmann und Eigentümer eines Betriebes mit Waldflächen in West- und Ostdeutschland. Im Jahr 2016  war er Mitgründer des  auf land- und forstwirtschaftliche Flächen spezialisierten Makler Grone & Werthern. Seit 2020 ist er Co-Leiter des Bereichs Land & Forst beim Immobilienkonzern Colliers.

Nils von Schmidt ist Forstökonom, hat über einen Zeitraum von 15 Jahren internationale und nachhaltige Waldinvestments für institutionelle Investoren verwaltet. Er berät Forstbetriebe weltweit  in strategischen, operativen und wirtschaftlichen Fragen. Seit 2020 ist er Co-Leiter des Bereichs Land & Forst beim Immobilienkonzern Colliers.

Zum Unternehmen
Die weltweit aktive Immobilienkonzern Colliers hat seinen Hauptsitz in Toronto und bietet eine breite Palette an Dienstleistungen für Büro-, Gewerbe- und Wohnimmobilien. Die Colliers International Group ging aus der Aufspaltung des kanadischen Immobilienkonzerns First Service im Jahr 2015 in zwei neue börsen- notierte Unternehmen hervor. Seit  April 2020 hat Colliers die Assetklasse Land & Forst im Konzern etabliert.

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