Die Ampelkoalition will den Kapitalmarkt stärker nutzen – schon 2023 definitiv bei der gesetzlichen Rente. Eine neue Arbeitsgruppe prüft weitere Ideen. Von Martin Reim

In die Reform der Altersvorsorge, die im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigt wurde, kommt Bewegung. In dieser Woche startete die Fokusgruppe Private Altersvorsorge, die bis Sommer Vorschläge machen soll, um die staatlich geförderte Riester-Rente zu verbessern und zu ergänzen.

Kurz zuvor hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP; Foto) Pläne konkretisiert, wie die gesetzliche Rentenversicherung am Kapitalmarkt aktiv werden soll. Hinter all diesen Vorhaben steht der Wunsch, die langfristig hohen Aktienrenditen zu nutzen.

FDP favorisiert das schwedische Modell

Die Fokusgruppe unter Führung des Ministeriums besteht aus Politikern, Interessensvertretern und Wissenschaftlern. Zum einen soll sie die Einführung eines öffentlich verantworteten Fonds prüfen. Die FDP favorisiert das sogenannte schwedische Modell mit leichten Modifikationen.

Die Skandinavier müssen 2,5 Prozent ihres Einkommens in die „Prämienrente“ einzahlen — rund 1000 Fonds stehen zur Auswahl. Will man sich keiner der privaten Alternativen an- vertrauen, was rund die Hälfte der Berechtigten tut, greift ein Staatsfonds namens AP7. Er legt das Geld des Versicherten bis zu dessen 55. Geburtstag komplett in Aktien an. Ab 55 wird schrittweise in einen Rentenfonds mit geringerem Risiko umgeschichtet. Ausgezahlt wird schließlich ein lebenslang gleichbleibender Rentenzuschlag.

Riester-Reform im Blick

Zweiter Auftrag der Arbeitsgruppe: Produkte mit höheren Renditemöglichkeiten als die derzeitigen Riester-Verträge eruieren. Hier liegt noch kein ausgearbeiteter Vorschlag einer Regierungspartei auf dem Tisch. Manche Interessensgruppen haben sich schon positioniert — mit wenig überraschenden Vorschlägen. Der Fondsverband BVI fordert einen Fondssparplan namens Fondsspardepot, der Versichererverband GDV eine Versicherungslösung namens Bürgerrente.

Was die gesetzliche Rente betrifft, sollen laut Lindner 2023 erstmals zehn Milliarden Euro am Kapitalmarkt angelegt werden (zum Vergleich: 2022 hat die Rentenversicherung 340 Milliarden Euro eingenommen). Das Projekt lief bislang unter „Aktienrente“ und heißt jetzt „Generationenkapital“. Die Mittel sind ein Kredit des Bundes. Verwalten soll ihn der bereits bestehende staatliche Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo). Angestrebt wird laut Finanzministerium eine global diversifizierte und langfristige Anlagestrategie — überwiegend, aber nicht nur in Aktien.

Kenfo-Chefin Anja Mikus hatte zuvor unter anderem in der Vermögensverwaltung des Versicherers Allianz und bei der Fondsgesellschaft Union Investment gearbeitet.

15 Jahre lang zehn Milliarden Euro pro Jahr

Innerhalb der Koalition ist noch ungeklärt, wie es mit dem Generationenkapital nach 2023 weitergeht. Nach den Vorstellungen Lindners sollen über einen Zeitraum von 15 Jahren zehn Milliarden Euro pro Jahr hineinfließen. Per Gesetz soll es frühestens ab 2037 erlaubt sein, Erträge zu entnehmen.

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