Für den Kryptomarkt ist der Zusammenbruch von FTX das Lehman 2.0. Bitcoin und Ethereum werden ihn überleben, die meisten Altcoins aber wohl in der Versenkung verschwinden. Von Gerd Weger

Der Zusammenbruch von FTX, einer der größten Kryptobörsen weltweit, hat zu einem Beben am Kryptomarkt geführt. Noch im August fragte das Magazin „Fortune“ in einer Geschichte zum FTX-Chef Sam Bankman-Fried (SBF): The Next Warren Buffett? Das war schon immer eine schlechte Frage. Nur ein gutes Vierteljahr später dürfte das einstige Wunderkind als der größte Bankrotteur in die Kryptogeschichte eingehen. Durch — wahrscheinlich kriminelle — Geldverschiebungen ist die gerade noch hoch angesehene Kryptobörse FTX quasi über Nacht untergegangen. 

Leider dürften der Schock und der Vertrauensverlust von Lehman 2.0 einige Monate nachhallen. Auch bei der echten Lehman-Pleite am 15. September 2008 dauerte es ein halbes Jahr, bis der S&P 500 im März 2009 einen ersten Tiefpunkt erreicht hatte. Die Investmentwelt ging natürlich trotzdem nicht unter. Vielmehr erlebte der  S&P 500 in den nächsten knapp 13 Jahren einen beispiellosen Höhenflug und konnte sich bis Jahresende 2021 versiebenfachen.

Bitcoin und Ethereum werden den Crash überstehen

Am Kryptomarkt und insbesondere bei Bitcoin und Ethereum wird es ähnlich sein. Die Tiefststände mögen noch nicht erreicht sein, und Anleger sollten nicht darauf spekulieren, sie zu erwischen. Vielmehr ist in den nächsten zwölf bis 18 Monaten eine Averaging-Strategie am vielversprechendsten, wie sie hier schon mehrfach angesprochen worden ist. Bereits in den Ausgaben BÖRSE ONLINE 35 und 39 haben wir diese Strategie empfohlen und darauf hingewiesen, dass die Tiefststände beim Bitcoin wahrscheinlich im Bereich zwischen 10.000 und 15.000 Dollar liegen werden.

Bei solchen Averaging-Strategien wird ein für die Investition in Bitcoin vorgesehener Gesamtbetrag aufgeteilt. Wählt man beispielsweise die nächsten 18 Monate als Zeitdauer für die regelmäßigen Investitionen in den Bitcoin, so ist bei einem monatlichen Kauf der Betrag durch 18 zu teilen. Wichtig bei dieser Strategie ist, dass man wirklich emotionslos unabhängig von der aktuellen Nachrichtenlage einen solchen Sparplan durchzieht und zu den festen monatlichen oder besser noch wöchentlichen Terminen investiert.

Altcoins könnten die großen Verlierer sein

Wer jetzt damit beim Bitcoin auf dem bereits erreichten sehr tiefen Niveau anfängt, dürfte ab 2024 die dann reifen Früchte — steuerfrei — ernten. Beim ersten großen Bitcoin-Bullrun rund um das erste Halving im Jahr 2012 haben sich die Preise vom Tiefststand vervierhundertfünfzig-facht. Rund um das zweite Halving 2016 kam es zu einer Verhundertfachung. Beim Zyklus rund um das letzte Halving 2020 haben sich die Kurse vereinundzwanzigfacht. Das nächste Halving findet im März 2024 statt. Dabei könnten sich die Kurse vom Tiefpunkt aus mindestens verzehnfachen. Je nach Tiefpunkt werden das aus unserer Sicht deshalb Bitcoin-Preise von 100.000 bis 150.000 Dollar sein.

Bei den Altcoins sieht das anders aus. Selbst hoch gehypte Coins können schnell in der Versenkung verschwinden wie die Terra-Coins oder jetzt der Coin von FTX. Das war bei den Internetaktien zu Beginn des Internetzeitalters nicht anders. Bei Altcoins kann man zwar Momentum und eine gute Story spielen. Wie bei Aktien, sollte man sich aber nach großen Kurssteigerungen trennen können.

Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 46/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft. 

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Ethereum