Der Informationsaustausch in Steuersachen wird verschärft. Auch Krypto-Transaktionen sollen künftig gemeldet werden. Steuerstrafrechtsexperte Christopher Arendt erklärt die Folgen für Anleger

Börse Online: Der Europäische Rat hat Mitte Mai beschlossen, die steuerlichen Meldepflichten bei Finanzkonten auszuweiten. Ist es sinnvoll, Krypto-Transaktionen in den automatischen Informationsaustausch (AIA) aufzunehmen?  

Christopher Arendt: Aus der Sicht des Fiskus ist das ein konsequenter Schritt. Letztlich werden Informationen zu Finanztransaktionen schon seit einigen Jahren zwischen den Mitgliedstaaten des AIA ausgetauscht. Hierzu sollen nunmehr auch Krypto-Transaktionen zählen.

Was sind die Gründe für diese Maßnahme?

Aus steuerlicher Sicht ist der Fiskus bei Krypto-Transaktionen bislang sehr stark „unterinformiert“ und auf die Ehrlichkeit der Steuerpflichtigen angewiesen. Er benötigt aber auch Möglichkeiten zur Gewinnung eigener Informationen, um sein Besteuerungsrecht effektiv und umfassend durchzusetzen. In diesem Zusammenhang ist auch das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs (BHF) vom 14. Februar 2023  zu Krypto-Transaktionen zu sehen (Aktenzeichen IX R 3/22).

Was ist hier für die Angabe von Kryptogewinnen in der Steuererklärung besonders wichtig?

In dieser Entscheidung hat der BFH noch geurteilt, dass es in dem streitigen Veranlagungsjahr noch kein normatives Vollzugsdefizit der Steuerhebung gegeben habe. Wenn der Staat jetzt keine weiteren Schritte zur Erhebung von Informationen aus dem Bereich der Krypto-Transaktionen durchsetzte, könnte sich diese Beurteilung des BFH in neueren Entscheidungen schnell ändern. Das will der Fiskus natürlich mit allen Mitteln verhindern und die Steuern erheben.

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Wie lange wird es dauern, bis die Steuermeldepflicht für Kryptogewinne praktisch umgesetzt wird?

Ich stelle mir das unglaublich schwierig vor. Wenn man sich vor Augen führt , dass der Fiskus mit der Auswertung der bislang überlassenen AIA-Daten schon zu kämpfen hat.

Das Bundeszentralamt für Steuern erhält jährlich zum Meldestichtag 30.September Informationen von in Deutschland Steuerpflichtigen zu deren Finanzkonten im Ausland. Wie lange dauert es aktuell, bis die übermittelten Daten von den Finanzämtern vor Ort bearbeitet werden können?

Hier hängt der Staat bei der flächendeckenden Auswertung nach meiner Erfahrung bestimmt fünf Jahre zurück, hat aber zugleich ein Netz von etwa Banken, die melden. Wenn man sich nun vorstellt, das Kryptobörsen und andere Anbieter ganz überwiegend gegenwärtig nicht mal ein Steuerreporting vorhalten und ihren Kunden zur Verfügung stellen, dazu die großen Plattformen bislang sehr unreguliert agieren, vermute ich, dass erst in fünf bis zehn Jahren zweckmäßige Informationen zugänglich und systematisch auswertbar sein könnten.



Foto: ACCONSIS

Zur Person: Christopher Arendt ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Der Geschäftsführer der Sozietät Acconsis in München ist auf die Beratung in steuerstrafrechtlichen Fragen spezialisiert.