Viele Steuerpflichtige beginnen im Frühjahr mit der Pflichtaufgabe für den Fiskus. Was Sie beim Erstellen der Einkommensteuererklärung 2022 beachten sollten. Sechs wichtige Punkte im Überblick Von Stefan Rullkötter 

1. Wann ist die Steuererklärung 2022 fällig?

Die Frist für das Veranlagungsjahr 2022 läuft regulär bis Ende September 2023. Da der 30. 9. 2023 ein Samstag ist, verschiebt sich der Abgabestichtag jedoch auf Montag, 2. Oktober 2023. Wird ein Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein beauftragt, verlängert sich die Abgabefrist für die Erklärung 2022 weiter bis zum 31. Juli 2024.

2. Bis zu welchem Stichtag ist eine freiwillige Steuererklärung möglich?

Wer zu den zwölf Millionen Arbeitnehmern gehört, die nicht deklarationspflichtig sind, aber mit einer Erstattung rechnet, hat wesentlich länger Zeit für die Abgabe: Freiwillige Steuererklärungen, auch Antragsveranlagungen genannt, sind erst nach maximal vier Jahren fällig. Für das Veranlagungsjahr 2022 läuft die Abgabefrist somit noch bis zum 31. Dezember 2026.

3. Was droht Steuerpflichtigen bei verspäteter Abgabe?

Werden Einkommensteuererklärungen nicht fristgerecht abgegeben, werden Verspätungszuschläge fällig. Sie summieren sich für jeden angefangenen Monat der Verspätung grundsätzlich auf 0,25 Prozent der Steuernachzahlung, mindestens aber auf 25 Euro pro Monat – selbst bei einer späteren Steuererstattung. Der Fiskus darf Verspätungszuschläge bis zur Höhe von 25 000 Euro festsetzen. Ausnahme: Wird die Steuererklärung innerhalb von 14 Monaten nach Ende des Steuerjahrs abgegeben und gibt es im späteren Bescheid eine Erstattung, haben Finanzbeamte einen Ermessensspielraum, ob sie einen Verspätungszuschlag festsetzen. Wegen der Pandemiefolgen gelten auch hier abweichende Fristen, die schrittweise wieder verkürzt werden. Für das Veranlagungsjahr 2021 sind Verspätungszuschläge erst ab dem 1. September 2023 obligatorisch (statt 1. März 2023), für das Veranlagungsjahr 2022 ab 1. August 2024 (statt 1. März 2024) und für das Veranlagungsjahr 2023 ab 1. Juni 2025 (statt 1. März 2025).

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4. Welche Angaben prüfen Finanzämter dieses Jahr besonders genau?

Grundsätzlich setzt jede Landesfinanzverwaltung ihre eigenen Prüfungsschwerpunkte. Für alle in Deutschland Steuerpflichtigen ist die kürzlich veröffentliche Liste der Oberfinanzdirektion (OFD) im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen aber ein guter Anhaltspunkt, welche Angaben in der Steuererklärung 2022 von Sachbearbeitern der Finanzämter besonders gründlich geprüft werden.  Das „zentrale Prüffeld“ in NRW sind dieses Jahr – wie bereits für die Einkommensteuererklärung 2021 – sämtliche von Selbstständigen gemachten Angaben. Im Detail werden die Eintragungen gemäß Paragraf 34a des Einkommensteuergesetzes besonders penibel angschaut. Die Vorschrift regelt die „Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne bei Personenunternehmen“.

Die OFD hat zudem angekündigt, Steuererklärungen von Immobilieneigentümern dieses Jahr extra gründlich zu prüfen. Konkret sollen hier Angaben zur steuerlichen Förderung von energetischer Gebäudesanierungen und von Baudenkmälern durchleuchtet werden. Gleiches gilt für die Sonderabschreibung bei Wohnungsneubauten. Bei Kapitalanlegern soll die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften unter die Lupe genommen werden. Zudem sieht die Finanzverwaltung bei Ruheständlern in puncto Abgabenaufkommen hohes Potenzial: Von 21 Millionen Rentnern und Penionären müssen mittlerweile bereits 5,6 Millionen eine Steuererklärung abgeben

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5. Wie lange müssen Steuerpflichtige warten, bis Ihnen der Bescheid für 2022 zugestellt wird?

Nach einem aktuellen Bearbeitungs-Check des Bund der Steuerzahler dauert dies je nach Bundesland zwischen 40 bis 62 Tagen. In Berlin wird am schnellsten veranlagt. Im Schnitt werden in der Hauptstadt Einkommensteuerbescheide nach 40 Tagen zugestellt.Am längsten dauert es mit der Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen in Bremen. In dem Stadtstaat vergehen von der Abgabe beim Finanzamt bis zum fertigen Steuerbescheid durchschnittlich 62 Tage.

6. Warum dauert es auch bei einer frühzeitigen Abgabe der Erklärung dieses Jahr solange, bis der Steuerbescheid kommt?

Die meisten Finanzämter bearbeiten eingehende Steuererklärungen für 2022 auch bei einer frühzeitiger Abgabe frühestens seit Mitte März. Das liegt vor allem daran, dass die im Rahmen der vorausgefüllten Steuererklärung von Arbeitgebern, Rentenversicherungsträgern und privaten Policenanbietern zu übermittelnden Daten – Lohnsteuerbescheinigungen, Rentenbezugsmitteilungen sowie Beitragsdaten zur Altersvorsorge und zur Kranken- und Pflegeversicherung – erst zum Stichtag 28. Februar 2023 fällig waren. Nur wenn diese Angaben allesamt vorliegen, können Finanzbeamte mit der Veranlagung beginnen. Zudem wurden im ersten Quartal noch aktuelle Steuerrechtsänderungen, die erst kurz vor Jahresende 2022 beschlossen wurden, in die Softwareprogramme der Finanzämter eingepflegt.  

Das Finanzministerium Brandenburg weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass erst seit Mitte März 2023 eine bundeseinheitliche Software im Einsatz ist, um die Einkommensteuererklärungen für 2022 bearbeiten zu können. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe betont zudem, dass aufgrund des derzeit hohen Arbeitsaufkommens in den Finanzämtern, etwa für Grundsteuererklärungen und Corona-Hilfen, mit längeren Bearbeitungszeiten bei den eingehenden Einkommensteuererklärungen für 2022 zu rechnen sei.  

Ob elektronisch oder auf Papier – eine frühe Abgabe der Erklärung lohnt sich: Die Fälle werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet.

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