Satte 12 Prozent Zinsen pro Jahr verlangt der Fiskus, wenn Abgaben nicht rechtzeitig gezahlt werden. In einem Musterprozess wird der Satz jetzt überprüft. Leser fragen - die Redaktion antwortet Von Stefan Rullkötter

Frage: Ich bin als Steuerzahler zwar gerade nicht davon betroffen, finde es aber trotzdem ärgerlich: Wird eine Abgabe nicht rechtzeitig entrichtet, wird von der Finanzverwaltung ein Prozent des rückständigen Steuerbetrags für jeden angefangenen „Monat der Säumnis“ berechnet. Mit dem Zuschlag, bei dem 0,5 Prozent auf die Zinsen entfallen, will der Fiskus Druck bei Steuerpflichtigen aufbauen, pünktlich zu zahlen. Ist dieser nicht viel zu hoch?

Börse Online:  Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass ein Satz von 0,5 Prozent pro Monat bei Aussetzungszinsen verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss nun der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Revisionsverfahren aber noch endgültig klären (Az. EIN 298/23). Für alle ab dem Veranlagungsjahr 2019 entstandene Säumniszuschläge ist beim BFH derzeit noch eine weitere Revision anhängig (Az. X R 30/21).

Betroffene können sich auf diese Musterprozesse berufen, gegen eigens abgerechnete Säumniszuschläge Einspruch einlegen und das Ruhen ihres Besteuerungsverfahrens beantragen, bis der BFH rechtskräftig in der Streitfrage entschieden hat. Sollten die Revisionen zu ihren Gunsten ausfallen, bekommen sie zu hoch angesetzte und gezahlte Säumniszinsen zurückerstattet.

Argumentationshilfe könnte den Musterklägern ein Grundsatzurteil aus Karlsruhe liefern: Im Juli 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass aufgrund der lange andauernden Niedrigzinsphase der Satz für Nachzahlungszinsen (sechs Prozent pro Jahr) ab 2014 verfassungswidrig, dieses Gesetz aber erst ab 2019 unanwendbar ist. Die Verfassungsrichter betonten damals allerdings, dass Nachzahlungszinsen — anders als Säumniszuschläge — durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen können, ohne dass Steuerpflichtige darauf Einfluss hätten.

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