Experte Sebastian Schick vom Finanzportal biallo.de verrät im Interview, dass der Anstieg der Tagesgeld-Zinsen immer schneller wird. Wie stark die Zinsen beim Tagesgeld noch steigen und worauf Anleger achten sollten.

Börse Online: Die Direktbank ING bietet seit kurzem drei Prozent Zins aufs Tagesgeld, bei sechsmonatiger Zinsbindung. Was bedeutet das Überschreiten dieser Schwelle für andere Banken?

Sebastian Schick: Nach der erneut deutlichen Leitzins-Erhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) vor knapp einem Monat hat sich die Aufwärtsdynamik bei den Tagesgeldzinsen noch einmal beschleunigt. Der Biallo-Tagesgeld-Index – ein Mittelwert von rund 60 bundesweiten Tagesgeldangeboten – hat mit 1,44 Prozent ein neues 13-Jahres-Hoch markiert. Die ING hat mit ihrer jüngsten Zinserhöhung den Wettbewerbsdruck tatsächlich noch erhöht. Einige Banken wie etwa die luxemburgische Advanzia Bank, die französische Renault Bank Direkt, die 1822 Direkt und die Raiffeisenbank im Hochtaunus haben bereits reagiert und ihre Tagesgeldzinsen ebenfalls weiter angehoben, zum Teil sehr deutlich. Weitere Banken dürften in den nächsten Wochen folgen.

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Wie hoch könnten die Zinsen noch steigen?

Der Taktgeber bei den Tagesgeldzinsen ist die EZB, die am 4. Mai voraussichtlich eine weitere Zinserhöhung um 25 oder gar erneut 50 Basispunkte auf dann 3,75 bis 4,0 Prozent verkünden wird. Schließlich hat sich der Inflationsausblick zuletzt wieder eingetrübt. Je nach Konjunktur- und Inflationsentwicklung könnte die EZB dann auf ihren Sitzungen im Juni und Juli den Fuß etwas vom Gaspedal nehmen. Den Peak bei den Leitzinserhöhungen sehen wir spätestens im September mit 4,50 bis 5,00 Prozent erreicht. Bis dahin halten wir die Vier vor dem Komma beim Tagesgeld-Zins durchaus für realistisch.

Die von ING angebotene Verzinsung von drei Prozent bezieht sich auf ein Jahr – die Zinsbindung läuft dagegen nur sechs Monate und schrumpft danach auf mickrige 0,6 Prozent. Halten Sie solche Offerten noch für seriös?

Eine Zinsgarantie für einen bestimmten Zeitraum von beispielsweise vier oder sechs Monaten sehen wir durchaus positiv, da es dadurch eine gewisse Planbarkeit für das Parken von Liquidität gibt und Anleger auf der Unterseite abgesichert sind. Das ist bei herkömmlichen, variablen Tagesgeldzinsen nicht der Fall, da diese jederzeit von der Bank nach unten angepasst werden können. Wir halten Neukundenaktionen gerade für Zinshopper interessant, die bereit sind, öfter zwischen den Banken hin und her zu wechseln und gezielt die höheren Aktionszinsen abzustauben. So können Anleger nach Ablauf der Zinsgarantie zur nächsten Bank mit einem gegebenenfalls noch höheren Aktionszins wechseln. Einen Blick wert sind auch Banken, bei denen der Basiszins über dem Marktdurchschnitt liegt. 

Wen meinen Sie da beispielsweise? 

Ein besonders attraktives Angebot kommt zum Beispiel von der bundesweit agierenden Raiffeisenbank im Hochtaunus, die für Neukunden 2,70 Prozent pro Jahr in den ersten vier Monaten zahlt und für Bestandskunden immerhin 1,50 Prozent. Das ist ein Vielfaches von dem, was regionale Genossenschaftsbanken und Sparkassen gewöhnlich zahlen. 

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"Die Einlagensicherung in Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden ist äußerst stabil"

Worauf sollten Interessierte beim Tagesgeld noch achten? 

Bei Neukundenaktionen sollten Anleger das Ende der Zinsgarantie nicht aus den Augen verlieren. Denn meist fällt der Zinssatz dann auf ein deutlich niedrigeres Bestandskundenniveau zurück. Wer Wert auf hohe Sicherheit legt, sollte sein Geld nur bei Banken mit Herkunft aus den sogenannten Triple-A-Staaten anlegen. Denn bislang gibt es keine gemeinsame europäische Einlagensicherung, sondern die Einlagensicherungssysteme sind national geregelt. In Triple-A-Staaten wie etwa Deutschland, Luxemburg oder den Niederlanden – um nur einige zu nennen – halten wir die Einlagensicherungssysteme für äußerst stabil, sodass Anleger bei einer Bankenpleite zeitnah innerhalb von sieben Tagen bis zur Höhe von 100000 Euro pro Kunde und Bank entschädigt werden sollten. 

Für wie glaubwürdig halten Sie die zusätzlichen freiwilligen Garantieversprechen der Banken?

Neben der gesetzlichen Einlagensicherung gibt es in Deutschland in der Tat noch zusätzliche freiwillige Sicherungssysteme wie etwas den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). Dadurch beträgt die zusätzliche Sicherungsgrenze im günstigsten Fall bis zu fünf Millionen Euro pro Privateinleger und bis zu 50 Millionen Euro für Unternehmen. Eine gesetzliche Garantie wie bei der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) besteht bei der freiwilligen Einlagensicherung allerdings nicht. Bislang sind jedoch alle anspruchsberechtigten Einleger vom Einlagensicherungsfonds in vollem Umfang und innerhalb der gesetzlichen Fristen entschädigt worden. 

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