Jahrelang mussten Sparer in Deutschland, die ihr Geld nicht am lukrativen Aktienmarkt anlegen, mit mickrigen oder gar negativen Zinsen klarkommen. Seit die Notenbanken ihre Leitzinsen erhöhen, ziehen auch immer mehr Banken nach. BÖRSE ONLINE hat sich die aktuellen Festgeld- und Tagesgeld-Zinsen mal angeschaut.

Weil die Europäische Zentralbank nach der Finanz- und Wirtschaftskrise vor etwa 15 Jahren eine Politik extremer Niedrigzinsen verfolgte, mussten auch die Geschäftsbanken niedrige bis niedrigste Zinsen an ihre Kunden weitergeben. Teilweise wurden sogar für hohe Cash-Bestände Strafzinsen fällig.

Im Jahr 2021 erhielten Sparbuch-Sparer (wie Aktien-Muffel Olaf Scholz) im Schnitt knapp 0,1 Prozent auf ihre Einlagen. In den Jahren vor der Finanzkrise lag der Zins noch bei 2,0 Prozent und mehr (siehe Statista-Grafik).

Statista
Durchschnittliche Zinssätze für Spareinlagen in Deutschland seit 2006

12-Monats-Festgeld bringt bis zu 1,25 Prozent

Nach elf Jahren Stillstand hatte die Europäische Zentralbank (EZB) am 21. Juli angesichts der Rekord-Inflation die Leitzinsen im Euroraum erstmals wieder erhöht. Viele Banken haben mittlerweile auch ihre Konditionen für Spareinlagen angehoben. Eine aktuelle Untersuchung der Finanzberatung Max Herbst (FMH) für n-tv brachte bei 12-Monats-Festgeld bis zu 1,25 Prozent Zinsen jährlich. Diesen Zinssatz bietet die pbb direkt (Deutsche Pfandbriefbank) bei einem Anlagebetrag von 10.000 Euro. Auch die Ford Bank und die IKB sind unter den Banken mit erweiterter deutscher Einlagensicherung mit 1,0 Prozent gut dabei (FMH-Wertung jeweils: sehr gut).

Einige, meist ausländische Institute bieten noch höhere Festgeld-Konditionen. Via Weltsparen bietet die illimity Bank aus Italien bei einjähriger Anlage satte 1,9 Prozent. Dieser Zinssatz liegt sogar deutlich über dem Leitzins der EZB von derzeit 0,5 Prozent. Die erst im Jahre 2018 gegründete Bank versucht so offenbar Kunden zu gewinnen.

Nicht vergessen werden darf, dass die Notenbanken auf absehbare Zeit weitere Leitzinserhöhungen vornehmen dürften, um die galoppierende Inflation zu bändigen. Daher kann es sein, dass viele Banken bereits in etwa sechs Monaten noch deutlich bessere Festgeld-Konditionen anbieten. Dennoch werden die Sparzinsen unter der Inflationsrate bleiben. Cash-Bestände auf den Konten verlieren so mit der Zeit an Kaufkraft.

Auch Tagesgeld bei einigen Banken wieder verzinst

Möglicherweise bietet sich Sparern daher besser Tagesgeld an. Auch bei diesen kurzfristig verfügbaren Anlagen beginnen die Zinsen allmählich zu steigen. Negativzinsen sind selbst für hohe Anlagebeträge weitgehend abgeschafft. Meist beträgt der Zinssatz derzeit 0,0 Prozent.

Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH, sagte bereits am 18. August gegenüber dpa: "Die große Mehrheit der Banken hat nach der EZB-Zinserhöhung schnell reagiert und ihre Negativzinsen abgeschafft." Er rechnet damit, dass weitere Institute nachziehen. "Spätestens nach dem nächsten Quartalswechsel dürfte höchstens noch eine Handvoll Banken Negativzinsen im Privatkundengeschäft erheben."

Beste Tagesgeld-Konditionen erhalten laut FMH derzeit Neukunden der Bank11, der Bigbank aus Estland und der Renault Bank direkt aus Frankreich mit Tagesgeld-Zinssätzen von 0,3 bis 0,55 Prozent bei einem Anlagebetrag von 10.000 Euro. Die pbb direkt bietet auch für Bestandskunden immerhin 0,25 Prozent.

Fazit

BÖRSE ONLINE rät Sparern, vor einer Kapitalanlage die verschiedenen Zinsrechner zu bemühen. FMH, Finanztest, Biallo oder Tagesgeldvergleich bieten dabei ab und an durchaus unterschiedliche Ergebnisse. Und – wie die Vergangenheit oft schmerzvoll, etwa bei der Greensill-Pleite zeigte: Das höchste Zinsangebot muss nicht immer das beste sein.