"Dagegen dürften die USA wieder das Land mit dem größten Leistungsbilanzdefizit werden mit knapp 420 Milliarden US-Dollar", sagte Ifo-Experte Christian Grimme. Die Zahlen bergen politische Brisanz. Denn US-Präsident Donald Trump wirft Deutschland die enormen Überschüsse immer wieder vor, da sie angeblich zulasten der amerikanischen Wirtschaft gingen. Er drohte deshalb mit Strafzöllen auf Autos, dem wichtigsten deutschen Exportschlager.

Kritik kommt aber auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission. Letztere hält Überschüsse von dauerhaft mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes für stabilitätsgefährdend, da Ländern mit Überschüssen solche gegenüberstehen, die Defizite haben und sich verschulden müssen. Den Ifo-Berechnungen zufolge dürfte der deutsche Überschuss im laufenden Jahr mit 7,8 Prozent einen Tick unter dem Wert von 2017 von 7,9 Prozent liegen.

Das große Plus geht vor allem auf den Warenhandel zurück. In diesem Jahr dürfte der Wert der exportierten Waren den der Importe um rund 265 Milliarden Euro übertreffen, sagte Grimme. "Haupttreiber für die Ausfuhr an Waren im ersten Halbjahr war die Nachfrage aus den anderen Ländern des Euro-Raums, den anderen EU-Ländern und aus den USA."

Zum Überschuss tragen aber auch die Erträge aus im Ausland angelegtem Vermögen bei, die sich auf rund 63 Milliarden Euro summieren dürften. "Dauerhaft hohe Leistungsbilanzüberschüsse können dann problematisch werden wenn die Forderungen nicht eingelöst werden können, etwa wenn das Ausland nicht mehr fähig ist, die Zinslast zu bedienen", sagte Grimme. Zahlungen an das Ausland - beispielsweise für die Entwicklungshilfe - dürften den Überschuss dagegen um rund 45 Milliarden Euro dämpfen. Auch bei den Dienstleistungen schlägt dem Ifo-Institut zufolge im laufenden Jahr ein Defizit zu Buche, das bei etwa 18 Milliarden Euro liegen soll.

Exportweltmeister China, mit dem Trump ebenfalls einen Handelsstreit mit höheren Zöllen angezettelt hat, dürfte in diesem Jahr dagegen nicht mehr unter den ersten drei Ländern mit den höchsten Überschüssen zu finden sein. "Aufgrund sehr starker Einfuhren und schwächerer Ausfuhren ist der Warenüberschuss deutlich niedriger im ersten Halbjahr 2018", erklärte Grimme. "Dabei wurde vor allem weniger in die USA und nach Europa exportiert." Außerdem seien die Einnahmen aus dem Auslandsvermögen kleiner geworden.

rtr