Das Barometer für ihre Erwartungen für das nächste halbe Jahr stieg im September um 21,6 auf minus 22,5 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter 193 Analysten und Anlegern mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg auf minus 37,0 Zähler gerechnet. Die Konjunkturlage bewerteten die Börsianer allerdings so schlecht wie seit Mai 2010 nicht mehr.

"Die versöhnlicheren Töne zwischen den USA und China nähren die Hoffnung, dass es doch noch zu einer Lösung der Handelsstreitigkeiten kommt", erklärt sich der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, den kräftigen Anstieg der Erwartungen. "Darüber hinaus hat sich Gefahr eines harten Brexit nach die Interventionen des britischen Unterhauses deutlich verringert." Zudem versuche die EZB, durch eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik die konjunkturellen Risiken im Euro-Raum zu reduzieren, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach.

"AUSSICHTEN BLEIBEN NEGATIV"


Der Anstieg der Konjunkturerwartungen bedeute "keine Entwarnung bezüglich der Entwicklung der deutschen Wirtschaft im kommenden halben Jahr", betonte Wambach aber. "Die Aussichten bleiben weiterhin negativ." Experten schließen weitere Rückschläge nicht aus. "Der Angriff auf die saudischen Ölanlagen ist im aktuellen Indexstand noch nicht reflektiert", sagte Gitzel. Die Ölpreise waren deshalb zu Wochenbeginn so kräftig gestiegen wie seit 1991 nicht mehr, was neue Unsicherheiten schürt, zumal die USA mit einem militärischen Eingreifen drohten.

Das Bruttoinlandsprodukt war im zweiten Quartal wegen schwächelnder Exporte um 0,1 Prozent geschrumpft. Exporteuropameister Deutschland machen Handelskonflikte und Brexit-Verunsicherung besonders zu schaffen. Für das laufende Sommerquartal zeichnet sich ein erneutes Minus ab, womit die Bundesrepublik erstmals seit dem Jahreswechsel 2012/13 in eine Rezession rutschen würde. Die Bundesregierung rechnet mit einer anhaltenden Flaute. "Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Schwächephase", heißt es im aktuellen Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums. "Ein stärkerer Abschwung oder gar eine ausgeprägte Rezession sind gegenwärtig nicht zu erwarten."

rtr