"Die Schwäche in der Industrie breitet sich wie ein Ölfleck nach und nach in andere Wirtschaftszweige aus, wie beispielsweise in die Logistik." Für 2019 wurde die Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 0,6 auf 0,5 Prozent gesenkt, für 2020 von 1,7 auf 1,2 Prozent. Im laufenden Sommerquartal soll die Wirtschaft erneut um 0,1 Prozent schrumpfen, womit sie erstmals seit dem Jahreswechsel 2012/13 in eine Rezession rutschen würde.

Das gewerkschaftsnahe Institut IMK beziffert die Rezessionswahrscheinlichkeit inzwischen auf fast 60 Prozent. "Die bisherige Hoffnung, dass die gute Inlandsnachfrage Deutschland vor der Rezession retten kann, schwindet zunehmend", sagt der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. Nun sei die Wirtschaftspolitik gefragt, gegenzusteuern. Die hohe Rezessionswahrscheinlichkeit basiert nach Analyse des IMK auf einer breiten Palette von Frühindikatoren - darunter rückläufige Produktion, sinkende Industrieaufträge, weniger offene Stellen und eine gedrückte Stimmung in der Wirtschaft.

"Hohe Unwägbarkeiten"


Die Münchner Ifo-Forscher warnen, dass es auch noch schlimmer kommen könnte. "Der Ausblick ist mit hohen Unwägbarkeiten verbunden", sagte Wollmershäuser. "So unterstellen wir, dass ein harter Brexit oder eine Eskalation des US-Handelskrieges ausbleiben." Gestützt werde die Konjunktur von hohen Einkommenszuwächsen, die aus kräftigen Tariflohnsteigerungen und einer Ausweitung der staatlichen Transferleistungen stammen soll.

Die Konjunkturschwäche hinterlasse ihre Spuren mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt. Während die Beschäftigung in der Industrie bereits seit dem Frühjahr sinke, sei der bislang kräftige Zuwachs bei den privaten Dienstleistern und im Baugewerbe im Sommer zum Erliegen gekommen. Für 2020 erwartet das Ifo-Institut einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um rund 38.000 auf 2,313 Millionen. Die Zahl der Beschäftigten soll allerdings weiter langsam zunehmen, und zwar um rund 200.000 auf mehr als 45,4 Millionen.

Vor dem Ifo-Institut haben bereits das Berliner DIW, das Kieler IfW, das Essener RWI und das IWH aus Halle ihre Vorhersagen gesenkt. Zusammen erstellen sie im Herbst ihre Prognosen für die Bundesregierung, die dieser wieder als Grundlage für die eigenen Annahmen dienen.

rtr