Nach den Geldwäscheskandalen der Danske Bank und der Swedbank mussten die Vorstandsvorsitzenden beider ­Institute ihren Hut nehmen, die Aktienkurse brachen ein. Die Skandale, die hauptsächlich mit Aktivitäten der beiden Banken in Estland zusammenhängen, dürften den Rückzug ausländischer Banken aus den aufstrebenden Volkswirtschaften Europas beschleunigen. Angesichts wiederkehrender popu­listischer Angriffe in Mittel- und Osteuropa und immer wachsamerer Regulierungs- und Aufsichtsbehörden im eigenen Land werden ausländische Banken ihre ohnehin schon schwindenden Beziehungen zur Region überdenken. Es stimmt, dass die Banken ihr Engagement im aufstrebenden Europa reduzieren mussten, nachdem sie sich vor der Finanzkrise übernommen hatten. Ein weiterer Rückzug könnte ihre Risiken verringern, würde aber das künftige Wachstum der Region beeinträchtigen.

Der Exodus aus dem aufstrebenden Europa ist Teil eines globalen Rückzugs des grenzüberschreitenden Bankgeschäfts nach der Finanzkrise. Während dieser dienten europäische Banken US-amerikanischen Pendants, die sich nur ungern zu großen Risiken in aufstrebenden Volkswirtschaften aussetzen wollten, als Anlagevehikel. Nachdem sich die Europäer nun zurückziehen, haben amerikanische Banken einen Teil der entstandenen Lücke gefüllt.

Durch die Kanalisierung relativ stabiler, wachstumsfördernder Kapitalflüsse in Schwellen- und Entwicklungsländer spielten ausländische Banken eine transformative Rolle, insbesondere in Mittel- und Osteuropa. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus investierten einige wenige Banken stark in Netzwerke fürs Privatkundengeschäft und trugen so dazu bei, die Finanzsysteme dieser Länder von Grund auf neu aufzubauen und den finanziellen Zugang der Bürger stark zu verbessern. Diese strategischen Retailbanken blieben auch während der Krise vor Ort, als andere Kapitalströme versiegten.

Sie blieben dank der Wiener Initiative, einer ehrgeizigen Koordinierungsmaßnahme, an der Regulierungs- und Aufsichtsbehörden der Heim- und Gastländer, Finanzministerien, internationale Finanzinstitutionen und die stra­tegischen Banken beteiligt waren. Am 27. März versammelten sich Veteranen der Krise in Wien anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens. Es gab viel zu feiern: Sie bewahrten Europa vor einem verheerenden Bankenkollaps und trugen dazu bei, die Risiken zu bewältigen.

Ausländische Banken wurden in der Krise zum Hassobjekt


Aber die westeuropäischen Banken, die durch die Initiative gerettet wurden, sehen nun einer unsicheren Zukunft in Mittel- und Osteuropa entgegen. Ihre Investitionen in der Region sind zu verlorenen Vermögenswerten geworden, die von lokalen Populisten abgegriffen werden können. Wie nicht anders zu erwarten, hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán den Angriff angeführt. Ausländische Banken in Ungarn und anderswo wurden während der Finanzkrise zum Hassobjekt. Auf Drängen eifriger Finanzberater hatten die Bürger Kredite in Euro, Dollar und gar Yen aufgenommen und sahen sich mit erdrückenden Schulden konfrontiert, als die heimischen Währungen in der Krise an Wert verloren. Als sie mit den Rückzahlungen ins Stocken gerieten, folgten Zwangsversteigerungen von Häusern, Autos und Unternehmen.

So schien die von Orbán eingeführte Besteuerung der Banken nur gerecht. Darüber hinaus ermöglichten diese Steuern der OTP, Ungarns grenzübergreifend tätiger Bank, die Sanierung der Bilanz und die Stärkung des inländischen Geschäfts, nachdem sie sich selbst vor der Krise übernommen hatte. Ausländische Banken in Ungarn mussten ihre Strategien radikal neu definieren und suchten in einigen Fällen Unterstützung bei internationalen Finanzinstitutionen. Viele haben ihre Zelte einfach abgebrochen.

Dies ist Teil eines umfassenderen Musters in Schwellenländern. Die meisten ausländischen Banken beabsichtigen, sich weiter zurückzuziehen, und jene, die bleiben, finanzieren sich zunehmend über lokale Einlagen. Obwohl es weniger ausländische Banken gibt, haben einige - vor allem russische und chinesische Banken - die Präsenz durch Akquisitionen und Wachstum erhöht, was zu stärkerer Konzentration führt.

Der anhaltende Rückzug ausländischer Banken aus dem aufstrebenden Europa ist umso bemerkenswerter, als sich der regulatorische Rahmen innerhalb der EU in den vergangenen zehn Jahren enorm verbessert hat. Obwohl die Bankenunion der EU gewiss nicht perfekt ist, wird das grenzübergreifende Bankgeschäft heute von Institu­tionen und Instrumenten unterstützt, von denen die Verantwortlichen der Wiener Initiative nur träumen konnten. Zwar haben Länder außerhalb der Eurozone weniger Schutz, aber jetzt haben auch sie einen Anker, und die Erfahrungen von Wien haben diesen Anker bekräftigt. Wie Michel Barnier bei seinem Rücktritt als EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen sagte, ist die Wiener Initiative "Teil der europäischen Finanzarchitektur geworden".

Wichtiger Kanal für Kapital­flüsse in die Schwellenländer


Sicherlich sollten eine stärkere lokale Finanzierung durch Einlagen und starke lokale Banken begrüßt werden. Aber es gibt noch viel Raum für wirtschaftliche Konvergenz in der gesamten Schwellen- und Entwicklungswelt, die voraussetzt, dass Mittel von kapitalstarken in kapitalschwache Länder fließen. Ausländische Direktinvestitionen haben für die solidesten Mitteltransfers in die aufstrebenden Länder Europas gesorgt, aber die strategischen Banken kommen gleich danach. Wenn sie gehen, greifen lokale Banken möglicherweise wieder auf grenzübergreifende Finanzierungen zurück, die am anfälligsten für "animal spirits" sind, für die nicht-rationalen Aspekte menschlichen Handelns.

Mit dem Abebben der globalen Welle des grenzüberschreitenden Bankgeschäfts werden ausländische Banken zu leichten Zielen für populistische Enteignungen. Noch wesentlicher ist, dass ein wichtiger Akteur der lokalen Finanzentwicklung und Kanal für stabile Kapitalflüsse in Schwellen- und Entwicklungsländer seine Aktivitäten einstellt. Ausländische Banken sind nach wie vor entscheidend für das langfristige Wachstum dieser Länder. Hoffen wir, dass Skandale und populistische Angriffe sie nicht daran hindern, diese Rolle zu spielen.

Copyright: Project Syndicate

Kurzvita

Erik Berglöf
Professor und ­Direktor des ­Institute of Global Affairs an der ­London School of Economics and ­Political Science Bevor er 2015 zur LSE wechselte, arbeitete der schwedische Ökonom ab 2006 als Chefvolkswirt und Sonderberater des Präsidenten bei der ­Europäischen Bank für Wiederaufbau und ­Entwicklung, die auch als Osteuropabank ­bezeichnet wird. Zuvor war er Direktor des Stockholm Institute of Transition Economics und Professor der Stockholm School of Economics.