Das ging ja fix. Von wegen "Kampf um die 13 000er-Marke". Denkste! Der deutsche Leitindex DAX kletterte ruck, zuck auch noch über 13 200 Punkte. Mithilfe von Mario Draghi, dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), dem mal wieder ein rhetorischer Spagat gelang. Einerseits lobte er die erfreuliche Wirtschaftsentwicklung im Euroraum. Andererseits betonte er aber, dass "eine große geldpolitische Unterstützung auf mittlere Sicht weiterhin nötig" sei. Mag sich jeder selbst einen Reim darauf machen.

Ähnlich gemischte Gefühle beschleichen einen beim Blick auf die aktuellen Quartalszahlen der börsennotierten Unternehmen. Sie sehen zunächst richtig gut aus. Vor allem bei den Amerikanern. Etwas über die Hälfte der 500 Aktiengesellschaften des S&P-Index hat die Berichte vorgelegt, und 76 Prozent davon veröffentlichten Gewinne, die besser ausfielen als erwartet. 67 Prozent vermeldeten auch noch bessere Umsätze. Das ist eine Superquote und liegt deutlich höher als der Fünfjahresdurchschnitt von 69 respektive 55 Prozent. Das positive Momentum bei den Quartalszahlen hält also an.

Ebenfalls gut: das US-Wirtschaftswachstum. Das lag im dritten Quartal bei drei Prozent und war auch besser als erwartet. Dazu passt, dass Indikatoren wie der Economic Surprise Index weiter steigen und die vom Wirtschaftsmagazin "Barrons" veröffentlichten Zahlen zu den Insidertransaktionen gleichfalls bullish sind.

Auf Sicht von drei bis sechs Monaten sieht das also alles ganz gut aus. Danach könnte es problematisch werden. Dafür gibt es gewisse Hinweise. Denn trotz der steigenden Indexstände fällt auf, dass die Marktbreite abgenommen hat. Nebenwerte und sogar etliche Aktien aus dem Techsektor haben den jüngsten Anstieg nicht in dem Maß mitgemacht wie die mega-kapitalisierten Bluechips. Der Marktbeobachter SentimenTrader konstatiert, dass ein so deutliches neues Allzeithoch, wie es der S&P-500 in der zurückliegenden Woche erreicht hat, nur ein einziges Mal seit 1990 von weniger Aktien mitgetragen wurde als jetzt. Und das war im November 1999, also kurz vor dem Bubble-Hoch, dem sich dann der Jahrtausendwende--Crash anschloss.

Doch das muss jetzt nicht auch so kommen. Die Märkte bewegen sich in ganz neuen Sphären, in "uncharted territory", wie man an der Wall Street sagt. Da kann alles passieren. Auch ein Andauern des "Melt up" - also weiter deutlich steigende Kurse, egal ob das nun fundamental gerechtfertigt ist oder nicht. Klipp und klar ausgedrückt: Auch wegen der guten Gewinnentwicklung der Unternehmen bleiben wir vorsichtig optimistisch für die kommenden Wochen.

Allerdings sollte man die Tendenzen beim Profit im Auge behalten. Denn ein wichtiger Grund für die starken Ergebnisse im dritten Quartal waren sicher auch die Währungsgewinne, die viele Unternehmen dank Dollarschwäche einfuhren. Inzwischen ist der Greenback aber wieder erstarkt, was sich negativ auf das kommende Quartal auswirken könnte.

Weiterhin wichtig bleibt die Geldpolitik der Notenbank Fed. Die dürfte 2018 straffer ausfallen, egal wer die aktuelle Chefin Janet Yellen beerben wird. Denn es fällt auf, dass in vielen Geschäftsberichten von Inflationsdruck zu lesen ist. McDonald’s und Procter & Gamble etwa beklagen steigende Lohn- und Rohstoffkosten. Die drücken irgendwann auf die Margen. Und es interessiert eben auch die Notenbank. Also wachsam bleiben.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com