Es ist und bleibt ein Ärgernis: Das Gerangel um den Brexit, den Ausstieg Großbritanniens aus der EU, findet einfach kein Ende. Eine Abstimmung folgt auf die andere, am Status quo ändert sich dennoch nichts: Stillstand. Kein Durchbruch, weder in die eine noch in die andere Richtung. Auch diese Woche wird wieder abgestimmt. Was vermutlich damit enden wird, dass Premierministerin Theresa May erneut eine Niederlage einstecken muss.

Wenn der ausgehandelte Brexit-Vertrag im Unterhaus also erneut durchfiele, müsste der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag eigentlich einen Aufschub beschließen, um einen harten Brexit zu vermeiden. Und damit stünde schon der nächste Ärger ins Haus. Einem Aufschub würden voraussichtlich nicht alle verbleibenden EU-Staaten zustimmen. So wird schon darüber gemunkelt, dass Italien sich querstellen könnte.

Das einzig Gute am Trauerspiel: An den Märkten spielt das Gezänk kaum noch eine Rolle. Weltweit steigen die Aktienkurse. Auch am Devisenmarkt hat sich die Lage beruhigt. Parallel zu den Brexit-Konfusionen hat das britische Pfund in den zurückliegenden Wochen seine Talfahrt beendet und wertet sogar auf. Dies kann man durchaus als Wette darauf deuten, dass der Brexit überhaupt nicht mehr kommt und auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird.

An den Märkten werden derweil ganz andere Themen gespielt. Vor allem die Zinspolitik der USA. Diese Woche wird Notenbankchef Jerome Powell von der jüngsten Sitzung des sogenannten Offenmarktausschusses berichten. Eine Leitzinsänderung wird es wohl kaum geben. Ebenso wenig wird sich etwas an der zuletzt gepflegten Wortwahl der Währungshüter ändern. Man gibt sich vermutlich weiter abwartend und eher locker. Von drastischen Zinserhöhungen in diesem Jahr ist längst keine Rede mehr.

Entscheidend für diesen Richtungsschwenk der Fed waren die zunehmenden Anzeichen für eine nachlassende Dynamik auf dem US-Arbeitsmarkt. Jetzt wartet Powell einfach ab, was sich dort weiter tut.

Mit anderen Worten: Die Geldpolitik der Fed wird von den künftig eingehenden Daten abhängen. So selbstverständlich, wie es klingt, ist dies nicht. Erstens hatten sich die Anleger noch vor wenigen Monaten gesorgt, die Geldpolitik der Fed könnte allzu determiniert sein, was wiederum den Aktienkursen zusetzte. Und zweitens bedeutet dies, dass die Fed ihre Entscheidungen quasi zeitgleich mit dem Markt trifft, ihm gegenüber also keinen Vorsprung hat. Die Betonung der "Datenabhängigkeit" wird genau die Botschaft sein, die man auch für die laufende Woche erwarten kann.

An den Börsen wird das gut aufgenommen. Dies sieht man nicht zuletzt an den Aktienmärkten außerhalb der USA. Auffällig ist beispielsweise die Stärke der asiatischen Marktplätze. Seit Jahresbeginn ging es dort in fast allen Ländern um mindestens zehn Prozent nach oben - mit China-Aktien waren gar 20 Prozent und mehr drin. Indien hinkt noch etwas hinterher, hat zuletzt aber auch an Dynamik gewonnen. Vieles hat dabei mit den Erwartungen moderater US-Zinserhöhungen zu tun und damit, dass ein Handelsabkommen zwischen den USA und China wahrscheinlicher wird. Das alles führt zu Geldzuflüssen in die Region. Die Anleger riskieren wieder mehr. Was interessiert da also der Brexit?

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com