Die enorme Volatilität entsteht aus Emotionen, so wie 80 Prozent aller menschlichen Entscheidungen auf Emotionen basieren. Aber anders als der Preis des Bitcoin sind Emotionen stetig und lassen sich an der Börse nutzen. Anhand von acht Investmentregeln lässt sich der Hype einordnen. Kognition statt Emotion: Egal ob Tulpenmanie im 17. Jahrhundert oder Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende - betrachten Sie den Bitcoin-Hype zunächst als Modethema: Er erfährt enorme Aufmerksamkeit, vor allem im Netz. Dabei wird zurzeit eigentlich noch diskutiert, ob es sich um eine digitale Währung, ein Investmentvehikel oder ein Spekulationsobjekt handelt. Deshalb: Bewahren Sie Ruhe, und gewinnen Sie Einsichten. Wenn Sie dabei sein wollen, kaufen Sie antizyklisch und verkaufen Sie prozyklisch. Nutzen Sie die sicher wiederkehrenden Kurseinbrüche, um günstig und in mehreren Tranchen zu investieren. Denn letztendlich liegt auch hier der Gewinn im Einkauf.

Diversifikation ist Trumpf: Mehr als 80 Prozent des Anlageerfolgs werden durch Vermögensaufteilung bestimmt. Einige Studien sagen, dass eine Beimischung von Bitcoin zu effizienteren Portfolios führt. Das mag zutreffend sein, aber diversifizieren Sie auch hier: Streuen Sie den Kryptoanteil auch auf Unternehmen, die die Infrastruktur wie etwa die Blockchain-Technologie, Speicher oder Rechnerleistung bereitstellen und am Hype real verdienen.

Vermeiden Sie den Dispositionseffekt: Lassen Sie Gewinne laufen und begrenzen Sie die Verluste. Ziehen Sie Trailing-Stops in Ihr Depot. Beobachten Sie kritisch und steuern Sie rechtzeitig gegen. Hier hilft Ihnen niemand, denn Kryptowährungen sind dezentral, keine Behörde kontrolliert ihren Fluss. Noch nicht. Und kümmern Sie sich: Die Kursexplosionen des Bitcoin übertreffen aktuell so manche Blasen, jähe Abstürze kommen häufiger vor als gedacht. Der Markt ist sehr schnell geworden. Nichtkümmern kostet Geld. Hier heißt es, aktiv zu beobachten und aktiv Entscheidungen zu treffen.

Selbstüberschätzung und Kontrollillusion: Behalten Sie Demut vor dem enormen Wandel, dem diese Technologie unterliegt. Es bedarf vieler Brückentechnologien und Versuche, bis eine Zukunftsindustrie mit Investmentpotenzial entsteht, wie wir es nun endlich im Bereich Nachhaltigkeit sehen. Realisieren Sie Verluste, solange sie noch gering sind. Selbstüberschätzung und Kontrollillusion kommen vor dem Fall. Achten Sie auf die Kosten: Sie sollten jeden Tag bestrebt sein, eine Überrendite für Ihr Vermögen zu erzielen und nicht aus Bequemlichkeit die einfachste Investition zu tätigen. Vergleichen Sie und wägen Sie Bequemlichkeit gegen Kosten ab.

Bitcoin als "sicherer Hafen"?: Traditionell werden sichere Häfen wie etwa Gold durch ihre negative Korrelation zum Aktienmarkt in turbulenten Zeiten definiert. Demgegenüber weist der Bitcoin jedoch bereits in normalen Zeiten höhere Volatilität, geringere Liquidität sowie höhere Transaktionskosten auf. Zu Beginn der Corona-Krise verlor der Bitcoin stark, während Gold relativ stabil blieb. Assets, die als sicherer Hafen gelten, müssen schnell, kostengünstig und in nennenswertem Volumen zu kaufen und zu verkaufen sein. Der Bitcoin kann also nicht als sicherer Hafen bezeichnet werden.

Fazit: Drängen Sie Emotionen bei Investitionen zurück und bewerten Sie rational. Alles kehrt zu seinem inneren Wert zurück, sagt die Mean-Reversion-Theorie. Genau bei diesem inneren Wert des Bitcoin besteht aber generelle Uneinigkeit. Während einige Kryptounternehmen weitere Kurssteigerungen und damit einen substanziellen Wert ableiten, gehen Wissenschaftler wie Eugene Fama, der Investor Warren Buffett sowie verschiedene Fondsmanagerkollegen davon aus, dass Kryptowährungen einen inneren Wert von null haben. Das Grundproblem dieser extremen Diskrepanzen: Es gibt bisher noch keinen anerkannten Bewertungsmaßstab für Bitcoin und Co.

Über Nikolas Kreuz


Kreuz ist seit über 35 Jahren am Kapitalmarkt tätig. Der Diplom-Kaufmann und Geschäftsführer der Invios war davon 20 Jahre in der Leitung von Vermögensverwaltungen aktiv sowie als Chief Investment Officer für zwei Landesbanken. Seine langjährige Erfahrung fließt in den Invios Vermögensbildungsfonds ein. Invios ist ein bankenunabhängiges Institut für Vermögenssicherung und Vermögensverwaltung in Hamburg.