Meist war in Phasen der Inflation in der Vergangenheit ein Anstieg der Gewinnmargen zu verzeichnen, da es für Unternehmen leichter war, ihre Preise zu erhöhen. Kostensteigerungen konnten dann mehr als wettgemacht werden. Die Globalisierung begünstigte diese Entwicklung. So ist der Anteil des Welthandels an der globalen Wirtschaftsleistung zwischen 1970 und 2019 von 27 Prozent auf 60 Prozent gestiegen. Dieser Trend wird sicher nicht mit der gleichen Intensität anhalten, und insofern ist für die Zukunft nicht unbedingt mit den gleichen deflationären Effekten zu rechnen. Nichtsdestotrotz sind die Gewinnmargen zumindest ein Aspekt, auf den Investoren angesichts der bisherigen Erfahrung etwas entspannter blicken können.

Betrachten wir zudem die Gewinnmargen für einzelne Branchen, so zeigt sich bei Energie, Grundstoffindustrie und Investitionsgütern eine positive Korrelation mit einem Anstieg des Verbraucherpreisindex. Dies gilt sowohl für den aktuellen Zeitraum als auch für den Blick ein Jahr in die Zukunft. Auf die drei genannten Sektoren entfallen 14 Prozent, neun Prozent beziehungsweise fünf Prozent des globalen Index für Hochzinsanleihen. Überdies stimmt die High-Beta-Charakteristik des Energiesektors optimistisch für die Margen im High-Yield-Universum. Für eher wahrscheinlich halten wir eine negative Margenentwicklung in Branchen, in denen die Aufwendungen für Löhne und Gehälter einen hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, wie in der Gastronomie und einigen Bereichen des Einzelhandels. Da diese Branchen im High-Yield-Universum vergleichsweise unbedeutend sind, erscheint dieses Risiko überschaubar. Von daher bereiten ein möglicher Druck auf die Margen infolge einer höheren Inflation und eine dadurch bedingt negative Bonitätsentwicklung keine übergroße Sorge.

Dennoch muss uns als High-Yield-Investoren bewusst sein, dass wir es mit asymmetrischen Renditeprofilen zu tun haben, sprich die Risiken sind größer als die Chancen. Demnach schadet uns das Halten von "Verlierern" wesentlich mehr, als uns das Halten von "Gewinnern" nutzt. Selbst bei insgesamt steigenden Gewinnmargen gibt es daher natürlich auch Emittenten, die unter höheren Inflationsraten leiden. Viele stark von den Rohstoffpreisen abhängige Unternehmen haben Vereinbarungen über eine Weitergabe von Preissteigerungen getroffen, doch diese greifen häufig erst mit zeitlicher Verzögerung (oft von drei Monaten). Wir benötigen hier die Gewissheit, dass ein Unternehmen im Zeitraum bis zum Wirksamwerden der Weitergaberegelung nicht zahlungsunfähig wird.

Zudem lohnt ein Blick auf das Thema Inflation und historische Überrenditen (Überrendite ist die Rendite nach Abzug der Komponente, die auf Zinsänderungen zurückzuführen ist). Ein Vergleich unterschiedlicher Inflationsszenarios zeigt, dass steigende Inflation den High-Yield-Markt in der Vergangenheit nicht vor übermäßige Probleme stellte. Zwar sanken die Überrenditen bei überdurchschnittlich hoher und weiter steigender Inflation, doch die mit Abstand schlechtesten Überrenditen waren zu verzeichnen, wenn die Inflationsraten bereits über dem Durchschnitt lagen und dann fielen. Damit geben uns die Erfahrungen der Vergangenheit Grund zu der Annahme, dass der High-Yield-Markt eine höhere Inflation durchaus verkraften kann.

Inflation an sich ist für die High-Yield-Anlageklasse also nicht das zentrale Problem - selbst wenn sie einen Zinsanstieg nach sich zieht. Es gilt jedoch, wachsam zu bleiben und Emittenten zu meiden, die durch steigende Preise unter Druck geraten. Überdies ist es essenziell zu verstehen, ob eine höhere Inflation das Risiko einer strafferen Geldpolitik birgt, die das Wachstum abwürgen könnte. Das Wirtschaftswachstum und seine Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Emittenten bleibt einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung des High-Yield-Markts.
 


Kyle Kloc

Kloc studierte an der University of Pennsylvania mit dem Abschluss B. A. in International Studies und B. S. in Economics und und kam 2016 zu Fisch Asset Management, wo er heute Senior Portfolio Manager ist. Fisch Asset Management mit Sitz in Zürich bietet Investoren Publikumsfonds und Mandate für verschiedene Anlageklassen an, darunter Corporate Bonds, Wandelanleihen, Multi-Asset und Managed Futures.