Es läuft. Aktien, Gold, Kryptowährungen. Alles steigt. Zum Beispiel der Bitcoin. Zu seinem zwölften Geburtstag notierte er erstmals über 30 000 Dollar. Einen Tag später waren es 34 000 Dollar. Woran liegt das? Spekulation, klar. Aber es liegt vermutlich auch am Faktor Angst. Speziell beim Bitcoin ist es wohl die Furcht vor der Entwertung traditioneller Währungen, die zum Kauf von Alternativen führt. Gründe finden sich leicht: Regierungen und Notenbanken verschulden sich immens, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Lockdown-Politik aufzufangen.

Da fragt man sich als Investor natürlich, ob das alles jemals getilgt werden kann? Oder ob das manische Gelddrucken eher doch irgendwann in eine Hyperinflation mündet? Man weiß es nicht, aber um sicherzugehen, flieht man als Anleger lieber in reale Vermögenswerte wie Gold und Immobilien, in Aktien und eben auch in Bitcoin. Während die Furcht vor Geldentwertung früher zum "Bank Run" führte, zum Sturm der Banken, ist es in der Jetztzeit eben der "Asset Run".

Zu verdanken hat man dies letztlich der internationalen Politik, die sich in einem Überbietungswettbewerb befindet, was die Härte der Maßnahmen gegen die Corona-Krise angeht. Es geht nur noch darum, ob ein Lockdown "hart" ausfällt oder "extrem hart". Ein Überbietungswettbewerb, der auch föderal abläuft, zwischen den einzelnen Bundesländern.

Politik der Alternativlosigkeit


Über Kollateralschäden scheint man sich in den Schaltzentralen der Macht keine Sorgen zu machen. Ein Innehalten, ein zumindest zeitweiliges Zurücknehmen der Politik und Überdenken und Bewerten des eigenen Handelns findet nicht statt. Nicht in der Regierung, nicht in der Koalition, nicht bei den Intellektuellen. In den gängigen Medien auch nicht. Wo sind die Mahner? Wo ist die Opposition, wo ist die FDP, die sich doch den Liberalismus einst auf die Fahnen geschrieben hat? Nicht existent. Die FDP ist inzwischen selbst Teil der Cancel Culture geworden, ein Teil der Debattenverweigerung.

Statt Diskurs reiht sich Tabubruch an Tabubruch. Das fängt bei der Untergrabung der elementarsten Freiheitsrechte an und hört irgendwann beim Geld auf. Die EU-Kommission beispielsweise darf erstmals Kredite aufnehmen und unterstützt mit 750 Milliarden Euro die Mitgliedsländer, die durch Corona am schwersten getroffen sind. Das mag sinnvoll sein, tatsächlich sind diese Corona-Anleihen aber letztlich nichts anderes als Euro-Bonds. Gemeinschaftsschulden also, etwas wogegen sich die Merkel-Regierung immer gewehrt hatte.

Alles wird der Pandemie untergeordnet. Und man darf Zweifel anmelden, ob diese Tabubrüche jemals rückgängig gemacht werden. Politik hat die Eigenheit, sich an Regelbrüche zu gewöhnen. Man denke an den Soli: Einst für ein einziges Jahr geplant, hat er den Steuerzahler letztlich 30 Jahre lang belastet. Diese Form der Normalisierung könnte sich wiederholen, schließlich wird die Freiheit "im Namen des Guten" unterdrückt.

Hoffnung auf Rationalität


Beigebracht wird uns das "Gutgemeinte" mit Durchhalteparolen, mit Mitteln der schwarzen Pädagogik, mit einer grauenhaften Infantilisierung der Sprache. Und das im gerade erst abgelaufenen Hegel-Jahr - der Philosoph würde sich im Grabe umdrehen. Was bleibt Anlegern also? Investiert bleiben, kurz und knapp. Nicht alles in einen Korb werfen, das Vermögen verteilen über viele Formen der Anlage. Und hoffen. Hoffen auf die Rückkehr der Rationalität.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com