Das Börsenjahr ist gerade einmal zwei Monate alt, und schon gibt es neue Sorgen - vor steigender Inflation. Was eigentlich nicht weiter verwunderlich ist, angesichts des derzeitigen Experiments einer koordinierten fiskal- und geldpolitischen Expansion. Das jüngste Beispiel liefern die USA: Angeblich will der neue Präsident Joe Biden schon in diesem Monat ein weiteres Billionen Dollar schweres Konjunkturpaket auflegen. Die Rede ist von einem Infrastrukturprogramm in Höhe von rund zwei Billionen Dollar - unabhängig vom neuesten Corona-Stimulus-Paket im Wert von 1,9 Billionen Dollar, das noch verabschiedet werden muss.

Die Bedenken kommen also nicht von ungefähr. Allerdings ist offen, wann und in welchem Umfang sich letztlich Inflation einstellen wird. Sicherlich hat bereits jetzt die weltweit lockere Geldpolitik für ein gewisses Maß an steigenden Preisen gesorgt - allerdings äußerst uneinheitlich und weniger, was die Verbraucherpreise angeht. Stattdessen schlägt sich die Inflation derzeit ganz klar vor allem in den stark gestiegenen Vermögenspreisen nieder.

Inflation versus Deflation


"Für das Wirtschaftsumfeld mit Abklingen der Covid-Krise gehen wir davon aus, dass sich strukturelle Faktoren, die die Inflation viele Jahre eingedämmt haben - darunter die Globalisierung, die ungleiche Vermögensverteilung, Technologien und geringe Produktivität - in eine andere Richtung entwickeln. Die Fiskalpolitik ist mittel- bis langfristig klar inflationär ausgerichtet", heißt es in einer Studie des Geldverwalters Federated Hermes. Mit einer Einschränkung allerdings: "Das könnte jedoch möglicherweise nicht ausreichen, um dem langfristigen Disinflationsdruck entgegenzuwirken."

Das ist wohl der Knackpunkt. Solange disinflationäre Kräfte wie bisher wirken - etwa die Demografie und die Automatisierung -, muss man sich aktuell noch keine allzu großen Sorgen vor einer stark steigenden Inflationsrate machen.

So denkt man auch bei den Notenbanken. Denn die liefern derzeit ebenfalls keinen Grund für größere Inflationssorgen: Die Perspektive einer Leitzinswende dürfte nach den jüngsten Ausführungen des Fed-Chefs Jerome Powell weiter in der Zukunft liegen als bisher angenommen. Laut Powell könnte es mehr als drei Jahre dauern, bis die Währungshüter hinreichend von einem nachhaltigen Wiedererreichen ihres Inflationsziels überzeugt sind.

Asien versus Europa und USA


So oder so führt am Aktienmarkt letztlich kein Weg vorbei. Gerade die Börsen in Asien dürften auch in näherer Zukunft überdurchschnittlich zulegen. Dort wurde die Corona-Krise vergleichsweise gut gemeistert. Zudem verfügen die meisten asiatischen Staaten über reichlich Spielraum für fiskalische sowie geldpolitische Anreize. "Für Aktienanleger gibt es überdurchschnittliches Wachstum und solidere Staatsfinanzen zu besseren Preisen als an den entwickelten Märkten", heißt es passend dazu in einer Analyse von Nikko Asset Management. In China beispielsweise gehe es weiterhin darum, das Binnenwachstum zu stärken und daher den Fokus der ökonomischen Anstrengungen zu verlagern - hin zu innovations- und konsumorientierten Bereichen. "Und in Indien hat die Regierung von Premierminister Modi Arbeitsmarkt- und Landwirtschaftsreformen durchgesetzt, die Effizienzsteigerungen zur Folge haben dürften", so Nikko weiter.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com