Es war nicht anders zu erwarten: Nach Deutschland haben nun auch Frankreich, Italien und Spanien ihre Zahlen für die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal vorgelegt. In allen Ländern war der Rückgang noch stärker als in Deutschland, wo es um 10,1 Prozent nach unten ging. In Spanien etwa brach die Wirtschaftsleistung um 18,5 Prozent ein. Die Wirtschaft des Euroraums insgesamt schrumpfte um 12,1 Prozent, nachdem es schon im ersten Quartal um 3,6 Prozent abwärtsgegangen war.

Von einer "Jahrhundertrezession" ist daher schon die Rede, nachdem auch in den USA die Konjunktur um 9,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal eingeknickt ist. Konsum, Investitionen und Exportwirtschaft leiden seit dem Frühjahr massiv unter den Folgen der Pandemie, die angesichts der vielen Neuinfektionen längst nicht ausgestanden ist. An den Börsen reagierte man darauf nervös.

"Erst einmal abwarten", lautet daher offensichtlich das Motto der US-Noten­bank Fed. Auch nach der jüngsten Sitzung des amerikanischen Zinsgremiums ist klar, dass man auf jeden Fall so lange am aktuellen Leitzinsniveau von null bis 0,25 Prozent festhält, bis es verlässliche Anzeichen dafür gibt, dass die Krise überstanden ist. Erst einmal abwarten gilt daher auch für die Wertpapierkäufe der Notenbank. Sie werden wie gewohnt fortgeführt: Bis auf Weiteres werden also Papiere im Wert von bis zu 120 Milliarden Dollar pro Monat angekauft. Schon vor der Fed-Sitzung war dabei klar, dass das Kreditprogramm bis mindestens Dezember verlängert wird.

Neue Herausforderungen


"Auffallend war, dass Fed-Präsident Jerome Powell in seinen Ausführungen zum Zinsentscheid weiterhin ein sehr getrübtes Bild der Wirtschaft zeichnet", kommentiert Daniel Hartmann, Chefvolkswirt des Geldverwalters Bantleon. Powell habe zwar eingeräumt, dass die wirtschaftliche Aktivität und Beschäftigung zuletzt wieder leicht zugelegt hätten. Weitaus größeres Augenmerk richtete er aber auf die anhaltenden Risiken. So stehe die Wirtschaft aufgrund der wieder anziehenden Infektionszahlen vor neuen Herausforderungen. Vieles deute darauf hin, dass die wirtschaftliche Erholung erneut an Schwung verliere. "Explizit verwies er darauf, dass Aspekte wie etwa Restaurantbesuche und Kreditkartenzahlungen eine temporäre Schwäche nahelegen", so Hartmann.

Es bleibt also dabei: Insgesamt hängt die weitere wirtschaftliche Entwicklung signifikant vom Verlauf der Pandemie ab. Und davon, wie die Politik damit umgeht. Weltweit. Nicht nur in Europa oder den USA. Einen radikalen Vorschlag macht in diesem Zusammenhang Powells Notenbankkollege Neel Kashkari. Der findet, dass die wegen der Corona-Krise schwer angeschlagene US-Wirtschaft einen vier bis sechs Wochen langen "wirklich harten" Lockdown brauchen könnte.

Angst vor Pleitewelle


Der Wirtschaft könne eine starke Erholung gelingen, aber nur wenn das Virus unter Kontrolle gebracht werde, sagte der Präsident der Fed von Minneapolis am Sonntag dem TV-Sender CBS. "Wenn wir das nicht tun und wenn wir dieses grassierende Virus haben, das sich im ganzen Land ausbreitet, mit wiederholten Ausbrüchen und lokalen Lockdowns in den nächsten ein oder zwei Jahren, was durchaus möglich ist, werden wir viele, viele weitere Firmenpleiten erleben." Dann werde die Erholung für alle sehr viel langsamer ablaufen, warnt Kashkari. Keine schönen Aussichten.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com