Vor wenigen Tagen bezeichnete US-Senatorin Elizabeth Warren den Chef der US-Notenbank Jerome Powell als "gefährlichen Mann". Sie sei dagegen, dass Powell, der die Fed seit Februar 2018 leitet, eine zweite Amtszeit erhalte. Er habe "die Regulierung des Finanzsektors zurückgedreht", was aus ihrer Sicht das Risiko von Finanzkrisen wie 2008 erhöht. Powells Amtszeit jedenfalls läuft im Februar 2022 aus. Und US-Präsident Joe Biden dürfte in naher Zukunft entscheiden, ob es mit ihm weitergeht oder eben nicht.

Bis dahin dürfte Powell - gefährlich oder nicht - auf jeden Fall in den Schlagzeilen bleiben. Zumindest wenn es um die Märkte geht. Denn Aspekte wie Inflation, Tapering und steigende Marktzinsen sind wieder zum bestimmenden Thema für das Auf und Ab an den Börsen geworden. Das hat viel mit Powell zu tun, der jüngst zugeben musste, dass sich die Inflation nun wohl doch länger auf höherem Niveau halten werde als gedacht.

Mit entsprechenden Konsequenzen: Der ultralockere geldpolitische Kurs der amerikanischen Notenbank dürfte früher als erwartet gestrafft werden. Konkret dürfte die Fed wohl schon Ende 2022 die Zinsen anheben. An den Anleihemärkten reagierte man nervös: Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen kletterte auf über 1,5 Prozent, so hoch wie seit drei Monaten nicht mehr.

Korrektur an den Aktienmärkten


Passend dazu zeigten sich auch die internationalen Aktienmärkte in den zurückliegenden Wochen deutlich schwächer. So ist der DAX beispielsweise wieder im Bereich der 15 000er-Marke zu finden, anstatt sich wie kurz zuvor weiter an 16 000 Punkten abzuarbeiten. In ähnlichen Dimensionen bewegt sich der Rückgang beim Dow Jones und beim Nasdaq Composite - zum einen wegen der oben erwähnten Zinserwartungen, zum anderen aber auch wegen der noch ausstehenden Einigung bei der Schuldenobergrenze in den USA. Immerhin konnte sich dort der Kongress auf einen Übergangshaushalt bis Dezember einigen und somit den Teilstillstand der Regierungsgeschäfte zunächst abwenden.

Als erfahrener Börsianer kennt man das: Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass es bei diesem Thema in den USA klemmt und zunächst Horrorszenarien heraufbeschworen werden, die dann doch nicht eintreten, weil sich die Protagonisten schließlich zusammenraufen. Letztlich sollten sich die Märkte in den kommenden Wochen also wieder fangen. Dass die Zinspolitik irgendwann restriktiver werden muss, ist schließlich nur logisch. "Die allmähliche Änderung der Zentralbankpolitik unterstreicht einerseits den Optimismus hinsichtlich des Wirtschaftswachstums, andererseits belastete aber der daraus resultierende Anstieg der Marktzinsen das Aktienumfeld", kommentiert die österreichische Raiffeisenbank diese etwas "schizophrene Haltung" der Marktteilnehmer.

Substanzwerte halten sich besser


Auffällig an der Korrektur ist, dass sich insgesamt die Standardwerte besser halten konnten als die Technologieunternehmen. Mit gutem Grund: Tech-Aktien weisen "auch abseits der sich langsam wieder normalisierenden Wachstumsraten eine stärker ausgeprägte Zinsreagibilität auf", schreibt die Raiffeisenbank in ihrer Analyse. Dies könnte durchaus ein Hinweis darauf sein, dass sich Substanztitel auch in den kommenden Wochen insgesamt besser entwickeln als die meist höher bewerteten Wachstumswerte, die überwiegend im Hightech-Bereich angesiedelt sind.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com