Die Aktienrally seit Ende September hat zuletzt an Schwung verloren. Das Ausbleiben eines neuen US-Konjunkturpakets, die schwindende Hoffnung auf eine Einigung zwischen der EU und Großbritannien im Brexit-Drama sowie die negativen Covid-19-News und die Angst vor der zweiten Corona-Welle in Europa bereiten den Anlegern Sorgen.

Viel hat allerdings auch mit der Präsidentschaftswahl in den USA zu tun und mit dem, was die Amerikaner "Contested Election" nennen - einen umstrittenen Wahlausgang. Es sei an die Wahl 2000 erinnert, als das Rennen um die Präsidentschaft zwischen den Kandidaten George W. Bush und Al Gore wegen einer Neuauszählung im Bundesstaat Florida auf der Kippe stand. An der Wall Street ging es damals zu wie bei einer Achterbahnfahrt. Das ist dieses Mal auch möglich, schon allein, weil die Auszählung der Stimmen, die per Briefwahl abgegeben werden, zu einem Geduldsspiel werden dürfte. Und das in mehreren entscheidenden US-Staaten. In der Wahlnacht kann es also sein, dass die Welt keine Klarheit über den Sieger erhält.

Blendet man jedoch einmal die anstehende Wahl aus und ebenso die negative Entwicklung bei der Verbreitung des Coronavirus und schaut man sich allein die Fundamentaldaten an, sieht es für Aktien gar nicht so schlecht aus.

Indikatoren und ihre Wirkung


Stichwort Berichtssaison: Zwar haben erst etwa zehn Prozent der Unternehmen des S & P 500 ihre Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt, doch die waren durch die Bank positiv, sowohl was den Gewinn als auch was den Umsatz angeht. Die Schätzungen für die anstehenden Quartale gehen dabei ebenfalls nach oben. Das Momentum ist also gut.

Dass sich etwas zum Positiven gewendet hat, sieht man auch an zyklischen Indikatoren wie den steigenden Preisen für Notierungen für Rohstoffaktien.

Doch wie eingangs erwähnt: Zuletzt hat der Schwung nachgelassen. Das kann man durchaus als Warnsignal für die kommenden zwei Wochen ansehen. Es sieht nach Konsolidierung aus. Das zeigt sich auch an einigen Kontraindikatoren. Etwa daran, dass an den Märkten zuletzt Optimismus pur herrschte. In den USA sind zum Beispiel die Aktienpublikationen laut Börsenbeobachter Mark Hulbert "exzessiv bullish". Auffallend ist auch, dass gleichzeitig die Spekulanten an den Terminmärkten innerhalb von nur drei Wochen von "extrem bearish" auf "extrem bullish" umgeschaltet haben. Doch als Börsianer weiß man: Zu viel Optimismus war schon immer ein recht zuverlässiger Hinweis auf anstehende Korrekturen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kombination aus übermäßig positiver Stimmung und gleichzeitig nachlassender Dynamik an den Märkten ein Zeichen für eine gewisse "Erschöpfung" ist. Eine Korrektur in den kommenden zwei Wochen ist daher sehr wahrscheinlich.

Sorgen und die Folgen


Natürlich auch, weil - und damit schließt sich der Kreis - die Wahl ein großer Risikofaktor ist. Gleichzeitig, das zeigt die Erfahrung, kann die Sorge in den Tagen vor einem anstehenden Ereignis größer sein als beim Ereignis selbst. Ein gutes Beispiel ist die Jahrtausendwende, als die Furcht vor "Y2K" und möglichen Computerproblemen die Börsen lange vor dem Jahreswechsel in Unruhe versetzte. Ähnliches könnte auch jetzt passieren, so kurz vor der Wahl. Sollte es aber tatsächlich dazu kommen, wäre dies langfristig eine Kaufgelegenheit.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com