Es fehlt an Orientierung. Seit die Nachrichten um die Omikron-Variante die Runde machen, ist es an den Märkten ungemütlich geworden. Die Volatilität, also das tägliche Auf und Ab, ist enorm. Das Problem ist schlussendich, dass man immer noch zu wenig weiß. Zuletzt hieß es in einem Bericht aus Südafrika, dass die Omikron-Variante zwar ansteckender zu sein scheint als die Vorgänger, in der Regel aber wohl einen milden Krankheitsverlauf zur Folge habe. Gleichzeitig besteht aber auch die Sorge, dass die derzeitigen Impfstoffe nur unzureichend Schutz bieten.

Zu allem Überfluss war es neben Omikron zusätzlich der schwache US-Arbeitsmarktbericht, der die Börsen verunsicherte. Mit 210 000 neuen Stellen lag dieser deutlich unter der Konsensschätzung von 573 000. Geht man jedoch von einem positiven Szenario aus, dass Omikron in der näheren Zukunft nicht zu einer größeren Belastung wird als die bisher dominante Delta-Version, dann bieten sich auf dem aktuellen Kursniveau hervorragende Einstiegskurse. Doch bis letztlich klar ist, in welche Richtung es geht, dürfte die Volatilität weiter hoch bleiben.

Abseits der Corona-Problematik ist es immer wieder das Thema Inflation, das das Börsengeschehen beeinflusst. Dass jetzt ausgerechnet die Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Aufstockung der diesjährigen Gehaltsanpassungen als Inflationsausgleich fordern, spricht Bände. Nicht zu Unrecht: So lag die Teuerungsrate in der Eurozone im November mit 4,9 Prozent erneut über den Erwartungen, und wieder wurde der Aufwärtstrieb der Energiepreise unterschätzt.

Gestiegene Inflationsrisiken


Ähnlich sieht es in den USA aus. Die Anhörung des Notenbankvorsitzenden Jerome Powell und der Finanzministerin Janet Yellen vor dem US-Senat diese Woche hat gezeigt, dass die Sorgen zunehmen. Erste Schätzungen für die Inflationsrate im November deuten auf einen Anstieg auf 6,6 Prozent hin, bei der Kerninflation dürften es 4,8 Prozent sein. "Zwar sollte der Rückgang der Rohstoffpreise Ende November die Preisdynamik jetzt im Dezember etwas bremsen, dies ändere aber nichts an der Einschätzung, dass die Inflationsrisiken weiterhin nach oben gerichtet sind", so die österreichische Raiffeisenbank in einer Marktanalyse. Und das hat entscheidende Konsequenzen: Da bei der Fed aktuell die Inflations- und nicht die Pandemierisiken im Fokus stehen, ist wohl klar, dass die für Mitte Dezember geplante Ankündigung eines beschleunigten Taperings auch so kommen wird.

"Das Anleihekaufprogramm der Fed wird dann im März 2022 auslaufen, was die Flexibilität der Fed erhöht, die Leitzinsen früher als geplant anzuheben", so die Raiffeisenbank weiter.

Akzentuierte Wachstumsdelle


Was soll man also halten von der heftigen Kurskorrektur der letzten Tage? Ist es nur der Anfang von noch drastischeren Einschnitten? Die Raiffeisenbank ist positiv gestimmt. Deren "Arbeitshypothese" geht davon aus, dass es sich bei der neuen Virusvariante nicht um einen "Game Changer" handelt. Man erwartet zwar weiterhin ein volatiles Umfeld und wohl auch "eine akzentuiertere Wachstumsdelle" im Winter. Dennoch sollte sich dann sukzessive wieder der Optimismus durchsetzen. Dafür sprechen: der breit abgesicherte wirtschaftliche Aufschwung, die nennenswerten Gewinnwachstumsraten und die auch weiterhin recht günstigen Refinanzierungsbedingungen. Demnach stünden die Chancen gut, dass die so abrupt gestoppte Jahresendrally wieder in Fahrt kommt.