Bloß kein Risiko - so ist seit einigen Wochen die Stimmung an den Märkten. Anscheinend gehen viele Börsianer derzeit davon aus, dass sich die Weltwirtschaft und damit auch die Börsen künftig weniger schnell drehen. Die protektionistischen Maßnahmen der US-Regierung haben sicher ihren Teil dazu beigetragen. Und die konjunkturelle Entwicklung scheint somit auf der Kippe.

Interessant am aktuellen Börsentrend ist dabei, dass sich US-Aktien im Vergleich zu Papieren aus Europa oder den Schwellenländern relativ gut halten. Und dies ist durchaus als Warnsignal zu werten, wenn die "Marktbreite" abnimmt. So notieren von allen Börsen weltweit inzwischen mehr Indizes unter als über dem Gleitenden 200-Tage-Durchschnitt. Als Anleger fragt man sich da, ob dies nun fantastische Kaufgelegenheiten sind oder doch ein Indiz dafür, dass eine globale Rezession vor der Tür steht.

Die Argumente der Pessimisten haben durchaus was für sich. So fallen etwa die Economic Surprise Indizes seit Monaten - weltweit. Diese Indizes messen, ob frisch veröffentlichte Konjunkturdaten positiv oder negativ überraschen. Aktuell ist insgesamt eher Letzteres der Fall. Ist das also jetzt der Anfang vom Ende des seit 2009 anhaltenden Börsenaufschwungs?

Um diese Frage zu beantworten, muss man die drei großen Wirtschaftsblöcke unter die Lupe nehmen: die USA, China und Europa. Und um es vorwegzunehmen: Es ist noch nicht alles verloren!

Die USA stehen am besten da. So liegt die aktuelle Schätzung für das Wachstum im zweiten Quartal bei 4,5 Prozent! Im Gegensatz zu anderen Wirtschafts-Schwergewichten wie etwa Europa und Japan sind die Wachstumsschätzungen in diesem Jahr in Relation zu früheren Prognosen sogar übertroffen worden. Und passend dazu werden auch die Gewinnerwartungen der Unternehmen weiter angehoben. Insgesamt stehen die Vereinigten Staaten gut da - unwahrscheinlich, dass von dort eine weltweite Rezession ausgehen wird.

Mit China ist das schon eine andere Sache: Das Wachstum lässt nach, ist im Vergleich zur Vergangenheit mit 6,2 Prozent enttäuschend. Beunruhigend ist auch weiterhin die Verschuldung der Unternehmen und das marode Bankensystem. Dass Chinas Notenbank schon zum dritten Mal in diesem Jahr die Mindestreserve der Banken gesenkt hat, um die Kreditvergabe zu erleichtern, zeugt von Nervosität. Zugleich hat dies den Wert der Währung geschwächt, was positiv für den Export ist, der unter den US-Sanktionen leidet. Auch gut: Peking unternimmt viel, um die Konjunktur anzuschieben. Dass von China aus eine Welt-Rezession ausgelöst wird, ist - Stand jetzt - also unwahrscheinlich.

Am schwierigsten ist die wirtschaftliche - und vor allem politische - Lage vermutlich in Europa. Die Konjunkturdaten waren zuletzt meist schwach, und der Economic Surprise Index notiert so tief, wie er nur notieren kann. Pessimismus, wohin man schaut! Was allerdings dann schon wieder als Kontraindikator gewertet werden kann: Schlechter als jetzt kann die Stimmung gar nicht mehr werden.

Und tatsächlich gibt es einige Hoffnungsschimmer. In Italien etwa ist das Verbrauchervertrauen unerwartet gestiegen - trotz oder vielleicht sogar wegen der neuen Regierung? Insgesamt ist es aber doch so, dass die Konjunkturdynamik unter den Handelsbeschränkungen leidet. Je länger diese Restriktionen anhalten, umso schwerwiegender dürften die Folgen sein - vor allem für Europa.