Das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag legt auch im Oktober zu - wenn auch nur noch um drei Prozent auf 33 Punkte. Die teilnehmenden Ökonomen beurteilen die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland damit erneut etwas besser als im Vormonat, trotz der weiter wachsenden Zahl von Corona-Infektionen. Nach dem Tiefstand des Barometers im Mai ist dies zudem der fünfte Anstieg in Folge.

Der Ausblick für die kommenden zwölf Monate trübt sich allerdings ein - um acht Prozent auf 33,4 Punkte. Damit bleibt ein deutlicher Abstand zur 50-Punkte-Marke, die einen Aufschwung signalisiert.

"Ich bin skeptischer wegen der zweiten Corona-Welle", sagt ZEW-Experte Friedrich Heinemann. Dagegen sieht Ulrich Blum (Uni Halle-Wittenberg) die Lage "leicht positiv, vor allem weil China wiederkommt".

Zunehmende Besorgnis erscheint unterdessen auch im gerade vorgelegten Frühjahrsgutachten der führenden Forschungsinstitute. Demnach wird die Wirtschaftsleistung in Deutschland in diesem Jahr mit 5,4 Prozent fast so stark einbrechen wie in der Finanzkrise 2009 mit damals 5,7 Prozent. Noch im Frühjahr waren die Institute von minus 4,2 Prozent ausgegangen.

2021 soll die Wirtschaft auch nur um 4,7 Prozent anziehen, nachdem zunächst 5,8 Prozent prognostiziert worden waren. Ende 2021 sei dann das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Doch die Folgen der Corona-Krise seien noch auf Jahre spürbar, warnen die Institute.

Unterdessen rückt die US-Wahl am 3. November immer näher. Gleichzeitig steigt die Unsicherheit an den Märkten. Die Umfragen sprechen für den Herausforderer Joe Biden, der zuletzt in sogenannten "swing states" wie Pennsylvania und Florida, die traditionell keiner Partei zuzuordnen sind, Boden gutgemacht hat. Doch auch Amtsinhaber Trump werden noch Chancen eingeräumt. Das chaotische erste TV-Duell und Trumps Corona-Infektion haben zusätzlich verunsichert.

Fast drei Viertel der im Ökonomen-Barometer befragten Volkswirte rechnen in der Oktober-Umfrage damit, dass US-Präsident Trump nach nur einer Amtszeit abgewählt wird. Zwölf Prozent erwarten einen erneuten Sieg des Republikaners. 15 Prozent machen keine Angabe. Im September prognostizierten noch 22 Prozent eine Wiederwahl Trumps, 59 Prozent erwarteten seine Abwahl (siehe Grafik). Die Corona-Infektion des Präsidenten hat dabei aus Sicht der Ökonomen eher einen negativen Einfluss auf seine Wahlchancen. 44 Prozent der Befragten sehen sie geschmälert, 27 Prozent erwarten keine Auswirkung. Immerhin jeder sechste (15 Prozent) ist der Ansicht, dass die überstandene Infektion Trump sogar Vorteile bei den Wahlen verschaffen kann.

Eindeutig zeigen sich die Ökonomen in der Frage, ob Trump ein knappes Wahlergebnis oder eine Niederlage so einfach akzeptieren wird. 81 Prozent der Befragten rechnen damit, dass der bisherige Amtsinhaber ein solches Resultat anfechten wird. Zuletzt hatte Trump mehrfach erklärt, dass er Briefwahlergebnisse nicht einfach so hinnehmen wolle. Wegen Corona planen diesmal besonders viele Amerikaner, ihre Stimme per Brief abzugeben. Wilfried Fuhrmann (Uni Potsdam) sieht darin allein noch kein Problem: "Bei knappen Ergebnissen wurden bisher die Wahlen immer angefochten beziehungsweise eine Neuauszählung durchgeführt."

"USA über alles bleibt"

Ein diffuses Bild liefert die Umfrage, was der Wahlausgang letztendlich für die Wirtschaft der USA bedeuten könnte. In der Wirtschaftspolitik gibt es viele Gemeinsamkeiten bei Trump und Biden. Sie trägt jeweils protektionistische Züge, beide sehen China als größtes geopolitisches Problem, und beide wollen nach der Wahl billionenschwere Konjunkturprogramme auflegen, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. So rechnen fast zwei Drittel der befragten Ökonomen (63 Prozent) damit, dass der konkrete Ausgang der Wahl für die wirtschaftliche Entwicklung der USA kaum eine Rolle spielt. "USA über alles bleibt", bringt es Fuhrmann auf den Punkt.

Michael Stahl vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall rät zu "realistischen Erwartungen" an einen möglichen Wahlsieger Biden. "Wesentliche Themen wie China oder die deutschen Exportüberschüsse werden auch bei den Demokraten nicht anders gesehen als bei Trump", sagt Stahl. Die bereits in Gang gekommene Konjunkturbelebung werde sich aber erst einmal fortsetzen, glaubt Juergen B. Donges von der Uni Köln. "Für ein neues Konjunkturprogramm wird es dann Zeit brauchen, bis im Kongress grünes Licht gegeben wird."

Und noch ein Umfragetrend: Viele Teilnehmer hoffen, dass ein Wahlsieger Biden zumindest eine moderatere Politik gegenüber den westlichen Handelspartnern einleiten könnte.