Die Deutsche Flugsicherung registrierte 2020 knapp 1,5 Millionen Starts, Landungen und Überflüge. Was sich für Laien nach viel anhört, ist für die Flugbranche ein Desaster. Der Flugverkehr brach im Pandemie-Jahr auf das Niveau der 1980er Jahre ein. Sie wissen schon, damals wurde im Flugzeug noch geraucht, Kinder drängten sich ins Cockpit und Fluggesellschaften machten großzügige Werbegeschenke.

Dass ein derartiger Rückschlag die Branche an den Rand des Ruins treiben würde, war abzusehen. Rund um den Globus haben Fluggesellschaften und Reiseveranstalter Kapitalspritzen erhalten. In Deutschland engagiert sich der Bund bei Lufthansa und dem Reiseveranstalter TUI.

Auf die Reisebranche warten Nachhol-Effekte


Wie rigoros die Bedingungen für die Nothilfen sind, zeigen die Details der Kapitalerhöhung von TUI. Für 29 alte Aktien gibt es 25 neue - zum Spottpreis von etwas mehr als einem Euro. Für Altaktionäre ist das zwar die vorläufige Rettung vor einer wahrscheinlichen Insolvenz, allerdings liegen die Schattenseiten in Form der Verwässerung klar auf der Hand. Doch ist deswegen alles hoffnungslos rund um Fluglinien und Tourismusanbieter?

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es gerade die schlimmen Marktphasen sind, die langfristig Chancen bieten. Dank der neuen Corona-Impfstoffe und deren beschleunigter Produktion erscheint zumindest der Reiseverkehr an Pfingsten und darüber hinaus wieder wahrscheinlich. Nach Monaten der verschiedenen Lockdown-Varianten, dürfte es im Sommer wieder mehr Menschen in die Ferne ziehen. War 2020 noch ein Sommer des Verzichts, überwiegt heute bei vielen Menschen der Wunsch nach unbeschwerten Wochen im Warmen. Nach den Kapitalspritzen für den Reise- und Tourismussektor könnte die Normalität Ende des zweiten Quartals wieder Hoffnung machen. Auf Sicht von Jahren dürften weitere Nachhol-Effekte anstehen: Wegen der Pandemie sind viele Reisen ausgefallen - gut möglich, dass sich Kunden in den Jahren 2022 und 2023 etwas Besonderes gönnen möchten. Flugreisen und auch Pauschalangebote etablierter Reiseveranstalter dürften dann gefragt sein.

Einzeltitel oder ETFs - Anleger haben die Wahl


Doch wie können Anleger konkret auf die Reise- und Tourismusbranche setzen? Wer Erfahrung hat und sich mit heiklen Situationen auskennt, kann gerade jetzt, wo die zweite Welle erneut zuschlägt und Reisen undenkbar ist, ans Investieren denken. Wichtig ist dabei allerdings, die Folge von Kapitalmaßnahmen, die neue Eigentümerstruktur und anderes berücksichtigen zu können. Ein weiterer Ansatz auf Einzeltitel-Ebene ist es, Titel auszuwählen, die über eine gute Kostenstruktur und ein digitales Geschäftsmodell verfügen. Ein Beispiel dafür sind Reiseplattformen im Netz, wie etwa Booking.com. In einer Zeit, in der klassische Reisebüros unter der Pandemie leiden, gewinnen Booking.com und andere Plattformen sogar Marktanteile. Auch die Fluggesellschaft Ryanair könnte inmitten der Krise eine interessante Wahl sein: Die Iren haben trotz Pandemie große Stückzahlen der inzwischen umgetauften Boeing 737 Max gekauft und sich mutmaßlich Schnäppchen-Konditionen gesichert, wie sie es nie gegeben hat - und womöglich auch nicht wieder geben wird.

Wer die Anlage-Idee rund um Reise- und Tourismusaktien nicht in Form von Einzeltiteln umsetzen möchte, kann auch über einen ETF nachdenken. Der STOXX 600 Travel & Leisure bündelt immerhin 18 Unternehmen. Mit dabei sind Hotelketten, Unterhaltungsindustrie und Fluggesellschaften, wie etwa Ryanair. Der ETF schloss 2020 mit einem Verlust von knapp 15 Prozent ab und startete freundlich ins neue Jahr. Trotz der Finanzierungsengpässe in der Branche entwickelte sich der Index während der vergangenen Monate ohne größere Sprünge oder Einbrüche stetig.

Die Pandemie ist auf der Zielgeraden


Auch wenn wir gerade an alles denken, nur nicht ans Reisen: An der Börse wird nun einmal die Zukunft gehandelt. Diese Zukunft wird wohl künftig auch wieder Urlaube und Geschäftsreisen zu bieten haben. Zwar bleiben Zoom und Co. bei geschäftlichen Treffen eine Alternative, doch werden auch in diesem Bereich die Reisen nicht gänzlich verschwinden. Antizyklisch denkende Anleger können davon profitieren und sich bei intakten und solide finanzierten Geschäftsmodellen positionieren. Die Pandemie ist auf der Zielgeraden, Aktien aus dem Reise- und Tourismussektor werden schon bald davon profitieren.

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Markus C. Zschaber gilt als ein sehr erfahrener Geldmanager und ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, die seit nunmehr 26 Jahren die Vermögen von privaten und institutionellen Anlegern betreut. Mehrfach wurde er bereits als Portfoliomanager ausgezeichnet, sein Gesicht ist den meisten Anlegern bereits seit 1998 durch den Nachrichtensender n-tv bekannt, bei dem der Experte regelmäßig Interviews gibt. Während der Finanzkrise und der anhaltenden Corona-Krise steht er den politischen Gremien auch als externer Berater zur Verfügung und ist bei vielen Diskussionen rund um das Thema Staatenverschuldung, Inflation und EZB-Politik mit eingebunden. Für Börse Online erläutert der Kölner Vermögensverwalter die interessanten Themen rund um den Anlage- und Kapitalmarkt. Nähere Informationen zur V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft finden Sie hier: https://zschaber.de/