Seit Auflage des Index im Jahr 1988 legte der DAX (inklusive Dividenden) 8,2% pro Jahr zu. Dabei schloss der deutsche Leitindex in lediglich acht Jahren mit einer negativen Kursentwicklung ab. In den übrigen 22 Jahren stand zum Jahresende ein Kursplus zu Buche.
Die beiden Jahresabschlüsse, die für den deutschen Leitindex in der jüngeren Vergangenheit negativ ausfielen, waren die Jahre 2008 und 2011. Zuvor waren es die Jahre 2000, 2001 und 2002, in denen die Kurse teils heftig rappelten.

Der Kapitalmarktkenner sieht anhand der Jahreszahlen auf den ersten Blick: In den Jahren 2000 und 2001 war es das Platzen der dotcom-Blase, das auch am DAX nicht spurlos vorbeiging. 2002 und 2008 waren es Schocks (Spätfolgen 9/11 und Lehman-Krise) sowie die darauffolgenden volkswirtschaftlichen Rezessionen, die den Aktienmärkten zusetzten.

Dass die Aktienmärkte nach einer Blasenbildung oder während Phasen einer volkswirtschaftlichen Rezession ein Jahr negativ abschließen, ist im Rückblick keine große Überraschung, sondern ein urtypischer Korrekturgrund. Aber was war im Jahr 2011 los, dem einzigen "unnormalen" Jahr innerhalb dieser Zeitreihe, weil es in diesem weder zu einer Rezession noch zu einem Platzen einer Blase kam?



2011 wurden die Aktienmärkte ab dem Sommer durch Verhandlungen bezüglich einer Anhebung der Obergrenze der US-Staatschulden aufgeschreckt. Es kam zur Machtprobe zwischen den Demokraten und Republikanern, erst im November kam man zu einer großen Einigung. Zwischenzeitlich fiel der DAX um 35%. Zuvor hatte schon ein Wiederaufkeimen der Euro-Schuldenkrise Sorgen bereitet, so flüchtete Portugal unter den Rettungsschirm der EU. Die hohen Kursverluste konnten die deutschen Aktien bis zum Jahresende nicht mehr vollständig wettmachen, es blieb ein Minus von 15% für das Gesamtjahr stehen. Die Krise drückte zwar die Kurse, der weltweiten Konjunktur ging es 2011 hingegen ausgesprochen gut: In der EWU wuchs die Wirtschaftsleistung um 1,6%, in Deutschland sogar um 3,0%.

Der DAX fiel also, ohne dass es einen "handfesten" Grund gab. Vielmehr waren es die Sorgen davor, dass es etwas passieren könnte, z.B. ein Abrutschen in eine Rezession infolge kurzfristiger Ausgabenstopps von Regierungen.
Insofern besteht unverändert eine realistische Chance, dass der DAX im weiteren Jahresverlauf noch mindestens einen Teil der bisher erlittenen Verluste wiedergutmachen kann. Aktuell erwarten wir weder eine Rezession, noch ist die derzeitige Gemengelage an den Kapitalmärkten vergleichbar mit der Krise rund um die US-Staatsschuldenobergrenze 2011, die an den Finanzmärkten zu erheblichen Verwerfungen führte.