Thomas Pfaff verantwortet als Vorsitzender des Vorstands beim Sparkassen Broker unter anderem die Bereiche Vorstandsstab & Gesamtbanksteuerung, Personal, Finanzen/Controlling sowie Organisation/IT.

Welche Rolle spielen heute ETFs bei der Geldanlage im Vergleich zu vor 10 Jahren und wo wird diese Entwicklung hingehen?
Als vor 15 Jahren die ersten ETFs an die deutsche Börse kamen, konnte noch niemand ahnen, welche Bedeutung die Indexfonds in Zukunft haben würden. ETFs haben sich als Anlageprodukt heute fest etabliert: Mittlerweile verwalten sämtliche Indexfonds, die an der deutschen Börse gehandelt werden, mehr als 300 Milliarden Euro - und die Beliebtheit der passiven Anlageprodukte wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Langfristig und gerade in Zeiten niedriger Zinsen sind Wertpapiere ein wichtiger Baustein für die Altersvorsorge. Dabei kommt den ETFs eine entscheidende Bedeutung zu, denn diese sind gerade für Börsenneulinge günstig zu erstehen und einfach zu verwalten. ETF-Sparpläne sind ideal, um regelmäßig auch mit kleineren Geldbeiträgen in Wertpapiere zu investieren. Unser Angebot haben wir deshalb stark ausgebaut und gehören derzeit mit knapp 500 sparplanfähigen ETFs zu den führenden Anbietern von passiven Sparplänen am deutschen Markt.

Es gibt ja mittlerweile echte Strategie-ETFs, wie etwa Short-ETFs. Wie sollen Kunden hier noch den Überblick behalten?
Bei jeder Wertpapieranlage sollten sich die Kunden sehr genau über die verschiedenen angebotenen Produkte informieren, um Chancen und Risiken möglichst gut abschätzen zu können. In der Regel eignen sich bspw. Short-ETFs eher für erfahrene Anleger und Börsenprofis, die Risiken wie die Problematik der Pfad-Abhängigkeit korrekt einschätzen können. Das gilt erst recht für gehebelte ETFs. Börsenneulinge sollten bei speziellen Strategie-ETFs überlegt handeln, denn die Kosten steigen, je komplexer die Strategie ist. Diese Fonds eignen sich insbesondere als Beimischung.

Der S Broker bietet ja selbst keine Beratung an. Wie unterstützt der S Broker die Kunden bei der Produktauswahl?
Der Sparkassen Broker ist eine Online-Plattform, über die Trader komfortabel und einfach Wertpapiere kaufen und verkaufen können. Wir unterstützen unsere Kunden bei der Suche nach dem passenden ETF mithilfe des Fondsfinders auf unserer Webseite und bieten darüber hinaus attraktive ETF- und ETC-Aktionen an. Außerdem bieten wir im Rahmen unserer S Broker Akademie immer wieder Webinare zum Thema ETF an, zum Beispiel mit unserem Produktpartner ETF Securities. 2014 haben über 11.000 Teilnehmer unser Webinar-Angebot genutzt, um sich rund ums Thema Trading weiterzubilden. Wir geben aber, wie Sie richtig gesagt haben, keine Empfehlungen für Wertpapiere ab. Bei konkreten Fragen beispielsweise zum Thema Altersvorsorge steht den Anlegern die Wertpapierberatung der Sparkassen zur Verfügung. Knapp 90 Prozent unserer Trader sind Sparkassenkunden.

Auf Seite 2: Pfaff über den FinTech-Boom





Wir erleben ja derzeit einen richtigen FinTech-Gründungsboom. Der Trend scheint dabei immer mehr zu transaktionsbezogenen Leistungen zu gehen. Das durch die FinTech-Bewegung vorgegebene Schlagwort heißt ja hier Robo-Advisory, also die Zusammenstellung und Adjustierung von Depots auf Basis von Algorithmen. Einige Anbieter wie Vaamo oder easyfolio setzen dabei ebenfalls auf ETFs. Arbeiten Sie hier auch an bzw. mit automatisierten Beratungstools?
Selbstverständlich haben wir die spannenden Entwicklungen im FinTech-Bereich fest im Blick. Als Online-Broker sind wir in einem schnelllebigen Marktumfeld unterwegs. Unsere Kunden erwarten daher von uns, dass wir Trends zügig erkennen und umsetzen. Innovative Angebote wie der automatisierte Handel auf Algorithmenbasis sind perspektivisch für den S Broker eine interessante Option. Aktuell prüfen und bewerten wir entsprechende Angebote und Kooperationen in diesem Bereich. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich darüber aber noch nichts Konkretes sagen.

Wird sich dieser Trend zur automatisierten Anlageberatung verstärken, weil etwa die Finanzmarktrichtlinie MiFID II die individuelle Kundenberatung noch unattraktiver macht?
Die regulatorischen Anforderungen im Wertpapiergeschäft steigen und ein Ende der Regulierung ist nicht in Sicht. So trägt allein schon das Beratungsprotokoll entscheidend dazu bei, dass die Wertpapierberatung für die Institute, aber auch für die Kunden, mit erheblichen Aufwänden verbunden ist. Vor diesem Hintergrund gewinnen Angebote am Markt, die die klassische Wertpapierberatung ergänzen, an Bedeutung. Das Segment der automatisierten Anlageberatung und Vermögensverwaltung gehört hierzu sicher auch mit dazu.

Lassen Sie uns noch einmal beim Stichwort FinTech verbleiben. Wie es scheint, sind mittlerweile auch die Banken aufgewacht. Der S Broker hat erste Erfahrungen mit der Kooperation mit FinTechs gesammelt. Wie bewerten Sie diese Erfahrungen und welche weiteren Kooperationen sind hier in der Vorbereitung (wenn hier keine Namen genannt werden können, würde mich zumindest die Art des FinTechs interessieren).
Wir arbeiten mit der Plattform wikifolio.com zusammen. Die Kooperation besteht bereits seit dem Start von Wikifolio im Jahr 2012 - damit sind wir echte Vorreiter beim Thema Social Trading und unsere Kunden konnten von Beginn an von dem neuen Anlagetrend profitieren. Der S Broker ist außerdem der einzige Anbieter von Wikifolio-Sparplänen ohne Orderentgelt. FinTechs haben gegenüber großen Finanzinstituten den Vorteil, dass sie deutlich wendiger sind und innovative Ideen schnell umsetzen können. Von daher ist die Zusammenarbeit mit einem Finanz-Startup für uns sehr spannend. Weitere Kooperationen sind auch schon angedacht, leider kann ich noch keine Hinweise zu Art und Inhalt der Startups geben.

Auf Seite 3: Pfaff über den digitalen Wandel





Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der S Broker in der künftigen Strategie der Sparkassenorganisation, in der eine echte Digitalisierungsstrategie nicht erkennbar ist.
Auch in der der Sparkassen-Finanzgruppe wird der digitale Wandel intensiv vorangetrieben. Als zentraler Online-Broker der Gruppe ist der S Broker der Spezialanbieter für das beratungsfreie Wertpapiergeschäft. Viele Sparkassenkunden wollen ihre Wertpapiergeschäfte eigenständig durchführen ohne dabei auf die Bindung zu ihrer Hausbank zu verzichten. Deshalb haben wir gemeinsam mit Pilotsparkassen ein neues Online-Brokerage-Angebot entwickelt, das auf die hohen Ansprüche onlineaffiner, preisbewusster Wertpapierkunden eingeht und gleichzeitig nahtlos in die Internet-Filiale der Sparkasse integriert ist. Daran können Sie sehen, dass auch in großen Organisationen mithilfe von Kooperationen digitale Neuerungen in relativ kurzem Zeitraum umgesetzt werden können.

Das bringt mich noch einmal zurück zu den ETFs. Wenn man sich in der ETF-Szene umhört und sich die Volumensdaten der Deka-ETFs anschaut, dann spielen die ETFs hier bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Mit welcher Strategie will man hier aus dem Tal der Tränen herauskommen?
Zur Strategie der Deka können wir uns nicht äußern. Was wir allerdings sagen können: Die Bestandsentwicklung von Deka-ETFs ist beim S Broker erfreulich. So gehört beispielsweise der DAX Deka ETF (WKN: ETFL01) zu den Top 10 in unserem Fonds- und ETF-Bestand und ist bei unseren DirektDepot-Kunden noch beliebter als der Deka ImmobilienEuropa Fonds (WKN: 980956). Als Sparplan zählt der DAX Deka ETF bezogen auf das Ordervolumen sowie Anzahl der Sparplankunden sogar zu den Top 5 unter allen Fonds-, ETF-, ETC-, und Zertifikatensparplänen. Wir sehen daran deutlich, dass preissensible gut aufgeklärte Selbstentscheider die ETFs der Deka überproportional kaufen und auch im Bestand halten.

Vor ein paar Jahren hat der Finanzstabilitätsrat gewarnt, dass von ETFs auch eine Gefahr für die Finanzmarktstabilität ausgehen könnte, weil sie trendverstärkend wirken könnten und auch Gefahr von Wertpapierleihegeschäften mit Hedgefonds ausgehe. Tut die ETF-Branche genug, um solchen Gefahren vorzubeugen?
Wie jedes Wertpapier bergen auch ETFs Risiken. Es wäre wünschenswert, dass sich die großen ETF-Anbieter dieser Risiken bewusst sind und hierfür Verantwortung übernehmen. Der Fokus sollte auf vollrezipierende ETFs abzielen, wie es DekaETF bereits in der Praxis umsetzt. SWAP-basierte ETFs sollten entsprechend, bis auf sehr wenige Ausnahmen, reguliert werden.

Eine Frage, auf die ich immer noch keine klare Antwort habe, ist, warum werden "Exchange Traded Funds" immer gleichgesetzt mit Indexfonds? Mittlerweile werden ja auch klassische Investmentfonds an Börsen gehandelt.
Ein klassischer Investmentfonds ist nach meinem Verständnis ein aktiv gemanagter Fonds, während es sich bei einem ETF oder Indexfonds um passive Produkte handelt. In der Regel handeln S Broker Kunden klassische Fonds, insbesondere bei Aktionen, über den Handelsplatz Fondsgesellschaft. Theoretisch können unsere Kunden einen solchen aktiv gemanagten Fonds aber auch über die Börse oder den Direkthandel ordern, vorausgesetzt der Fonds ist dort auch gelistet. Ein ETF oder Indexfonds lässt sich beim S Broker nicht über den Handelsplatz Fondsgesellschaft ordern. Diese passiven Instrumente ordern Kunden beim Sparkassen Broker immer über die Börsen oder den Direkthandel.

Dirk Elsner arbeitet als Unternehmensberater für die Innovecs GmbH.