Wie in jedem Frühjahr wird auch jetzt wieder diskutiert: Sollten Anleger der alten Börsenweisheit "Sell in May" folgen und ihre Aktien verkaufen? Gleich zu Beginn des Monats oder doch erst gegen Ende? Klar ist: Ein kompletter Ausstieg aus dem Aktienmarkt ist zu keinem Zeitpunkt wirklich sinnvoll. Schließlich mangelt es weiterhin an Anlagealternativen. Wohl aber sollten Anleger neben dem Gesamtmarktumfeld auch die saisonalen Muster beachten, die hinter dem Sprichwort stecken.

Gerade vor dem Hintergrund des starken Jahresauftakts von DAX, EuroStoxx und den meisten weiteren wichtigen Leitindizes erscheint derzeit eine gewisse Vorsicht nicht vollends unvernünftig - im Gegenteil. Denn insbesondere die berechtigten Konjunktursorgen dürften einen weiteren Anstieg des DAX nach dem neuerlichen Überschreiten der 12.000er-Marke erschweren.

Die überwiegende Mehrheit der Anleger traut dem DAX denn auch für die kommenden 12 Monate nicht mehr viel zu, wie auch das jüngste Citi-Investmentbarometer ergibt. Mit nur noch 38 Prozent ist der Anteil der Optimisten für die europäischen Aktienmärkte so gering wie noch nie in der achtjährigen Historie der Umfrage unter privaten und professionellen Marktteilnehmern.

Diese Zurückhaltung könnte durchaus gerechtfertigt sein. Denn neben den genannten Faktoren kommen häufig die genannten saisonalen Muster ins Spiel. Betrachtet man die monatliche Wertentwicklung des DAX über die vergangenen 30 Jahre, sind im Sommer überdurchschnittlich häufig Verluste zu verzeichnen. Während der Mai mit zwölf negativen Jahren und einer leicht positiven Durchschnittsperformance noch im Mittelfeld rangiert, landete der Index im Juni 16 Mal im roten Bereich. Getoppt wird dieser Wert nur vom September mit 18 Negativ-Ergebnissen. Auch der August präsentiert sich mit 15 Minus-Jahren vergleichsweise schwach. Alle drei Monate weisen über 30 Jahre im Gegensatz zu sämtlichen übrigen Monaten eine negative Durchschnittsperformance auf.

Die Bilanz für den gesamten Zeitraum von Anfang Juni bis Ende September spricht ebenfalls dafür, der Börsenweisheit eine gewisse Beachtung zu schenken: In 15 der 30 DAX-Jahre ging es in diesem Zeitraum nach unten, während es auf Gesamtjahressicht nur neunmal Verluste gab.

Weniger eindeutig ist dagegen der Zusammenhang zwischen einem starken Jahresauftakt und der Sommer-Performance: Auf ein zweistelliges Plus zwischen Anfang Januar und Ende April folgten viermal Korrekturen von Juni bis September, wenn auch in einem Fall nur minimal; genauso häufig aber gab es weitere Zuwächse in diesem Zeitraum.

Zuletzt folgte 2015 auf eine starke Performance am Jahresanfang ein schwacher Sommer mit deutlichen Kursverlusten. Anleger, die davon ausgehen, dass sich ein derartiges Szenario wiederholt, müssen die "Sell in May"-Empfehlung aber keinesfalls wörtlich nehmen und sämtliche Aktien verkaufen. Denn bereits seit dem Start des obigen Betrachtungszeitraums haben sie die Möglichkeit, ihr Aktiendepot auf einfache Weise vor möglichen Verlusten zu schützen: So hat Citi mit der Einführung von Optionsscheinen in Deutschland bereits 1989 nicht nur das Trading, sondern auch Absicherungsstrategien für Privatanleger zugänglich gemacht. Mit Put-Optionsscheinen auf den DAX und weitere wichtige Börsenindizes lassen sich Aktienpositionen seither bequem und komfortabel absichern.

Beispielsweise gegen eine Sommerbaisse: Wer sich an der Börsenweisheit orientiert, sichert vorerst bis Ende September ab ("but always remember to come back in September"). Schließlich ist das vierte Quartal statistisch stark: Mit Oktober und Dezember enthält es zwei der drei stärksten Monate im betrachteten 30-Jahres-Zeitraum.

Stand 09.05.2019 Autor: Dirk Heß, Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei Citigroup Global Markets Europe AG

Dirk Heß ist Finanzexperte der Citigroup.