Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege bei Flossbach von Storch: Langfristig dürfte der Goldpreis weiter steigen





Der Goldpreis hat 2017 auf Dollar-Basis rund zehn Prozent gewonnen. Damit hat sich das Edelmetall im abgelaufenen Jahr einigermaßen ordentlich geschlagen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Philipp Vorndran: Ein Großteil fällt auf die US-Dollarschwäche zurück. Aus Sicht eines Euro-Anlegers hat sich unter dem Strich also gar nicht so viel getan.

Die US-Notenbank steht vor einem Führungswechsel. Voraussichtlich im Februar wird Jerome Powell an die Fed-Spitze rücken. Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf den Goldpreis auswirken

? Wir haben große Zweifel, dass es eine rasche Zinswende auf alte Niveaus geben wird. In einem solchen Umfeld ist es beinahe nebensächlich, dass Gold keine laufende Rendite abwirft. Anders ausgedrückt: Die Opportunitätskosten, Gold zu halten, dürften vergleichsweise gering bleiben. Grundsätzlich ist der wichtigste Treiber auch nicht die Notenbankpolitik, sondern die Risiken im Finanzsystem.

Wo sehen Sie 2018 die größten Risiken für den Goldpreis, wo mögliche Treiber?

Das Edelmetall ist immer dann gefragt, wenn das Vertrauen in das Finanzsystem schwindet. Während der Eurokrise im Jahr 2011, beispielsweise. Gold ist Geld; eine jahrtausendealte Währung. Ob die aggressive Geldpolitik zu einer Krise des Papiergeldsystems führen wird, können wir nicht sagen. Sollte es soweit kommen, kann Gold als Versicherung dienen. Da das Edelmetall international in US-Dollar gehandelt wird, spielen die Devisenmärkte immer eine Rolle. Die Abwertung des US-Dollars zum Euro in 2017 belastete die Wertentwicklung hierzulande merklich. Langfristig spricht aber einiges dafür, dass der Wert von Gold Bestand hat.

Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Goldminenaktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?

Sollte es tatsächlich zu einer Krise unseres Geldsystems kommen, dann sind Münzen oder Barren nützlicher. Am besten aufgeteilt auf mehrere Lagerstätten, in unterschiedlichen Ländern. Für eine kurzfristige Preisspekulation eignen sich indirekte Investments, etwa in ETCs. Wer mit einem steigenden Goldpreis rechnet, für den kann unseres Erachtens auch ein Investment in die Aktien von Minen interessant sein. In den vergangenen zwei Jahren haben viele Minen ihre betriebswirtschaftlichen Hausaufgaben gemacht. Goldförderer und Goldexplorer sind Unternehmen, die zwar im Wesentlichen von der Entwicklung des Goldpreises abhängen, ansonsten aber den gewöhnlichen Unternehmensrisiken unterliegen. Anleger sollten sich daher fragen: Wie gut ist die Bilanz der Unternehmen finanziert? Was ist vom Management zu halten? Hier gab es aus unserer Sicht in den vergangenen Monaten einige Fortschritte.

Wie hoch sollte der Anteil von Gold im Depot sein?

Da können wir keine pauschale Antwort geben. Die Zusammensetzung eines Portfolios hängt immer von der persönlichen Risikoneigung des Anlegers ab. In unseren vier Multi-Asset Fonds liegt der Anteil aktuell bei fünf bis zehn Prozent. Das könnte aus meiner Sicht grundsätzlich eine erste Richtgröße sein.

Wo steht der Goldpreis Ende 2018?

Bei Preisprognosen halten wir uns zurück. Ob sie eintreten oder nicht ist doch reine Glückssache. Gold bleibt in Zeiten ausufernder Staatsschulden und niedriger Zinsen aus unserer Sicht aber ein robustes Investment. Ein harter Preiseinbruch erscheint uns eher unrealistisch. Langfristig dürfte der Preis nach meiner Einschätzung eher steigen.

Auf Seite 2: Dora Borbély, Rohstoff-Expertin bei der Dekabank





Dr. Dora Borbély, Rohstoffexpertin bei der Dekabank: Goldpreis dürfte 2018 eher stagnieren





Der Goldpreis hat 2017 auf Dollar-Basis rund zehn Prozent gewonnen. Damit hat sich das Edelmetall im abgelaufenen Jahr einigermaßen ordentlich geschlagen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Dora Borbély: Das Jahr 2017 hat erneut gezeigt, wie stark sich der Goldpreis an den US-Zinsen orientiert. Wann immer die 10-jährigen Treasury-Renditen gefallen sind, ist der Goldpreis gestiegen und umgekehrt. Es war damit auch kein Zufall, dass der Goldpreis Anfang September seinen Höchststand im vergangenen Jahr erreicht hat und genau zu dieser Zeit die US-Zinsen so niedrig waren wie das ganze Jahr nicht mehr. Aber nicht nur von den zeitweise fallenden Zinsen hat der Goldpreis profitiert. Auch die zwischenzeitlichen krisenbedingten Nachrichten, ob aus Nordkorea, von Seiten der Wahlen in Frankreich oder aus der Brexit-Ecke, haben den Goldpreis beflügelt.

Die US-Notenbank steht vor einem Führungswechsel. Voraussichtlich im Februar wird Jerome Powell an die Fed-Spitze rücken. Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf den Goldpreis auswirken?



Mit höheren Zinsen steigen die Opportunitätskosten der Goldhaltung, Gold wird also in Relation zu anderen Anlageklassen unattraktiver. Solange aber die Zinsen nur langsam ansteigen, dürfte die geldpolitische Normalisierung von dieser Seite her nur begrenzte Auswirkungen auf den Goldpreis haben. Insofern gehen wir nur von einem leichten Rückgang des Goldpreises aus.

Wo sehen Sie 2018 die größten Risiken für den Goldpreis, wo mögliche Treiber?

Das Abschmelzen der US-Zentralbankbilanz sowie die Fortsetzung des Leitzinserhöhungszyklus im Zuge der geldpolitischen Normalisierung dürften Auswirkungen nicht nur auf Anleihen, sondern durchaus auch auf andere Anlageklassen wie Aktien oder Gold haben. Sollte es diesbezüglich zu erhöhter Volatilität bzw. Risikowahrnehmung an den Finanzmärkten kommen, könnte Gold in seiner Eigenschaft als "sicherer Hafen" vorübergehend hiervon profitieren. Für die zweite Jahreshälfte rechnen wir allerdings in der Tendenz wieder mit steigenden Renditen, was mit leicht fallendem Goldpreis einhergehen müsste. Daneben werden auch im kommenden Jahr politische Themen oder der Außenwert des US-Dollar den Goldpreis immer wieder beeinflussen können.

Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Goldminenaktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?

Deckt man Gold über Aktien von Goldminenunternehmen ab, muss man bedenken, dass diese zum Teil stärker durch unternehmensspezifische als durch rohstoffmarktspezifische Faktoren beeinflusst werden. Physisches Gold zu halten bietet zwar den Vorteil des "Anfassen-Könnens", es ist allerdings in der Regel mit Lagerkosten verbunden. Physisch hinterlegte ETCs haben den Vorteil, dass das Emittentenrisiko minimiert wird.

Wie hoch sollte der Anteil von Gold im Depot sein?

Der Goldpreis hat unter Schwankungen über eine lange Zeitspanne gerechnet die Inflation ausgeglichen - mehr aber auch nicht. Denn laufende Erträge gibt es nicht, also keine Zinsen oder Dividenden. Für den sicherheitsorientieren Anleger ist nichts gegen die Beimischung von Gold in einem ausgewogenen Portfolio einzuwenden. Es ist aber aus unserer Sicht wenig sinnvoll, größere Vermögensbestandteile in Gold anzulegen. Der empfehlenswerte Anteil hängt in besonderem Maße vom individuellen Sicherheitsbedürfnis ab. Unter rationalen Gesichtspunkten wie dem Diversifikationseffekt sollte Gold aber nur einen einstelligen Prozentsatz als Anteil im Portfolio ausmachen.

Wo steht der Goldpreis Ende 2018?

Auf Basis unserer Konjunktur- und Finanzmarktprognose dürfte sich der Goldpreis am Jahresende 2018 in Richtung 1220 US-Dollar bewegt haben. Hierfür unterstellen wir, dass der globale Aufschwung robust weitergeht, die Notenbanken den langsamen Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik behutsam vorantreiben, somit also weder die Inflation noch die Anleiherenditen stark ansteigen.

Auf Seite 3: Dr. Thorsten Polleit, Chef-Volkswirt Degussa Goldhandel





Dr. Thorsten Polleit, Chef-Volkswirt Degussa Goldhandel: Das größte Risiko ist die Fed





Der Goldpreis hat 2017 auf Dollar-Basis rund zehn Prozent gewonnen. Damit hat sich das Edelmetall im abgelaufenen Jahr einigermaßen ordentlich geschlagen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Thorsten Polleit: Bekanntlich ist es mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, den "richtigen" Goldpreis zu bestimmen. Aber mit Blick auf die weltweite Zins- und Geldmengenentwicklung gibt es Indizien, die andeuten, dass der Goldpreis nach wie vor relativ günstig ist. An dieser Einschätzung hat der Preisanstieg in diesem Jahr nichts geändert.

Die US-Notenbank steht vor einem Führungswechsel. Voraussichtlich im Februar wird Jerome Powell an die Fed-Spitze rücken. Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf den Goldpreis auswirken?

Steigende US-Zinsen belasten den Goldpreis. Die Goldhaltung verteuert sich: Wer Gold hält, dem entgehen Zinserträge. Das dämpft die Geldnachfrage und den Preis des gelben Metalls. Doch es wird vermutlich keine echte "Normalisierung" der Zinsen geben. Dazu ist die USA, ist die Weltwirtschaft zu bereits zu hoch verschuldet. Die US-Zinskurve flacht sich bereits ab - ein Anzeichen, dass das Konjunktur- und Finanzmarktfeuerwerk bald verpufft sein könnte.

Wo sehen Sie 2018 die größten Risiken für den Goldpreis, wo mögliche Treiber?

Da größte Risiko: Die Fed könnte die Zinsschraube zu stark anziehen. Kurzfristig wäre das negativ für den Goldpreis. Mittel- bis langfristig vermutlich nicht. Denn bei zu hohen Zinsen stünde die nächste Wirtschafts- und Finanzkrise ins Haus, und Gold wäre wieder verstärkt als "sicherer Hafen" gefragt. Der größte Treiber für den Goldpreis: Es setzt sich die Einsicht auf den Märkten durch, dass es keine Zinsnormalisierung geben wird, weder dies- noch jenseits des Atlantiks, und dass die Monetisierung der Schulden weitergeht.

Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Goldminenaktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?

Das kommt darauf an, welche Ziele verfolgt werden. Wer kurzfristig Gold handelt, für den können Gold-ETFs und Gold-Zertifikate durchaus attraktive Formate sein. Bei Goldminenaktien sollte der Anleger sich bewusst machen, dass er ein unternehmerisches Risiko eingeht. Der Erfolg eines Minenunternehmens und damit sein Aktienkurs hängen nicht allein am Goldpreis! Wer wie ich Gold als eine Währung - als das ultimative Zahlungsmittel und Versicherung für das Vermögensportfolio - ansieht, der ist gut beraten, wenn der physisches Gold kauft. Das ist für jeden einfach und kostengünstig darstellbar.

Wie hoch sollte der Anteil von Gold im Depot sein?

Jeder Anleger muss entscheiden, welchen Anteil seines Portfolios er investiert - beispielsweise in Aktien - und welchen Anteil seines Portfolios er in Form liquider Mittel zu halten wünscht. Mit Aktien von "großartigen Unternehmen" wird der Anleger langfristig gut fahren. Da bin ich überzeugt. Gold sehe ich, wie gesagt, als Währung. Gold steht im Wettbewerb mit US-Dollar, Euro, japanischem Yen und Schweizer Franken. Gold ist zudem eine Versicherung: Es kann nicht durch das Geldmengenvermehren der Zentralbanken - also durch Inflation - oder Zahlungsausfälle entwertet werden. Um konkreter zu werden: Ich denke, Gold ist längst der natürliche Ersatz geworden für Termin- und Spareinlagen, die dem Anleger bereits Verluste bescheren.

Wo steht der Goldpreis Ende 2018?

Das weiß ich leider nicht. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass es keine verlässlichen Preisprognosen gibt, schon gar nicht, wenn sie mit einem Zeitpunkt versehen werden. Lassen Sie mir an dieser Stelle das Folgende sagen: Das weltweite ungedeckte Papiergeldsystem hat bereits schwere Schlagseite. Diese Wahrheit wird durch die extreme Niedrigzinspolitik und den Konjunkturaufschwung überdeckt. Gold ist eine Möglichkeit, dem absehbaren Kaufkraftverlust der großen Währungen die Stirn zu bieten. Mittel- bis langfristig steigt der Preis des Goldes in allen großen Währungen weiter an. Das ungedeckte Papiergeld ist ein Auslaufmodell.