Vor genau einer Woche kletterte der Goldpreis auf den höchsten Stand seit drei Monaten. Auf Basis der Daten vom Dienstag wurde dann der CoT-Report (siehe nächste Seite) erstellt - und der hatte diesmal wirklich Seltenheitswert. Einmal pro Woche zeigt er auf, wie sich die aktuellen Long- und Short-Positionen von kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) auf Wochensicht verändert haben. Beim jüngsten Update waren heftige Veränderungen registriert worden. So gab es zum Beispiel bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) in der Woche zum 19. Mai einen deutlichen Anstieg von 405.612 auf 428.597 Kontrakte (+5,7 Prozent) zu vermelden. Dies zeigt zwar auf, dass das allgemeine Interesse an Gold-Futures überdurchschnittlich stark zugenommen hat, über die Stimmung im Markt sagt dies aber gar nichts aus.

Steil bergauf entwickelte sich hingegen die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten. Sie sprang nämlich von 77.502 auf 132.334 Kontrakte (+70,8 Prozent). Noch stärker ist die Zuversicht der spekulativen Marktakteure letztmals im August 2013 angestiegen. Auf der einen Seite fuhren die Spekulanten ihr Long-Exposure in der Woche zum 19. Mai deutlich nach oben, während sie auf der anderen Seite die Short-Seite empfindlich reduziert hatten.

Einen besonders starken Switch in den Positionen gab es vor allem bei den Großspekulanten zu beobachten. Deren Netto-Long-Position schoss auf Wochensicht regelrecht nach oben und erhöhte sich von 77.440 Kontrakte auf 122.621 Futures (+58,3 Prozent). Bei den Kleinspekulanten dominierten ebenfalls eindeutig die Optimisten das Geschehen. Sie vervielfachten die Netto-Long-Position von plus 62 Futures auf 9.713 Kontrakte. Mittlerweile dürfte sich die Begeisterung der Spekulanten wieder abgekühlt haben. Aktuell droht dem Goldpreis ein Rutsch unter die Marke von 1.200 Dollar. Richtig ungemütlich dürfte es allerdings werden, wenn sich das gelbe Edelmetall in Richtung 1.140 Dollar bewegt. Hier befindet sich nämlich eine ausgesprochen wichtige Unterstützungszone.

Auf Seite 2: Bank of America rät zum Kauf von Gold

An den Finanzmärkten hat die Unsicherheit spürbar zugenommen. Griechenland, Zinsen, Anleihemärkte und andere Belastungsfaktoren haben dem Goldpreis zumindest zu einer stabilen Tendenz verholfen - so richtig profitiert hat er von den erhöhten Risiken bislang aber auch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Michael Hartnett, der Chef-Investmentstratege von Bank of America verbreitet mit Sicht auf die anstehenden Sommermonate allerdings keine sonderlich gute Laune und rät zu einer erhöhten Bargeldquote sowie zum Kauf von Gold. Er kann zwar nicht als Crash-Prophet bezeichnet werden, sieht aber durchaus Potenzial für einen reinigenden Rückgang. Ihr eigenes Gold-Exposure hat die US-Investmentbank via weltgrößtem Gold-ETF, dem SPDR Gold Shares, bereits im ersten Quartal deutlich erhöht. Laut der Wertpapieraufsicht U.S. Securities Commission gilt die Bank of America bei dem Finanzprodukt auf Gold mittlerweile als sechstgrößter Einzelinvestor. In den ersten drei Monaten hat die Bank ihren Anteil um 7,5 auf 3,209 Millionen Anteile erhöht, was einem aktuellen Marktwert von immerhin mehr als 370 Millionen Dollar entspricht.

Das Schicksal Griechenlands steht weiterhin in den Sternen. Im Wonnemonat Mai blieben die Griechen von einer Staatspleite bislang zwar verschont, doch im Juni dürfte die Luft extrem dünn werden, schließlich erwartet der IWF die Rückzahlung von Schulden in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Damit muss man den zweifachen Betrag stemmen, der im Mai fällig geworden war. Ohne Einigung mit den europäischen Partnerländern dürfte dieser Kraftakt wohl kaum zu bewältigen sein. Die erste Nagelprobe steht am 5. Juni an, wenn das Land 300 Millionen Euro an den IWF überweisen muss. Vom Sprecher der regierenden Syriza-Fraktion im griechischen Parlament, Nikos Filis, wurde für den Fall einer ausbleibenden Einigung mit den europäischen Geldgebern bereits ein Zahlungsstopp angedroht. Aktuell wird Ende Mai als Deadline für eine Einigung betrachtet. Das heißt: In der kommenden Woche könnte es an den Märkten richtig heiß hergehen. Bund-Future und Euro haben in den vergangenen Wochen bereits gezeigt, zu welcher Volatilität sie fähig sind. Im Falle eines Scheiterns dürften sie in diesem Punkt zu neuer "Höchstform" auflaufen.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.