Nicht einmal das wahrscheinlich wichtigste Branchenevent des Jahres konnte für eine Aufbruchstimmung im Goldsektor sorgen. Zum 33. Mal fand im September das Gold Forum Americas im US-Bundesstaat Colorado statt. Wie in jedem Jahr seit der Initiierung 1989 präsentierten sich rund 90 Prozent aller börsengehandelten Goldunternehmen vor einem handverlesenen Publikum aus weltweit führenden Edelmetallexperten, institutionellen Investoren, Analysten, Private Equity und Hedgefonds. Eine Teilnahme ist nur auf Einladung möglich.

Die Stimmung innerhalb dieses exklusiven Zirkels dürfte in den vorangegangenen Jahren schon besser gewesen sein. Mit einer 52-Wochen-Performance von minus acht Prozent in US-Dollar gehört Gold derzeit zu den schwächsten Rohstoffen überhaupt. Vor allem die Aussicht auf ein baldiges Ende der ultraexpansiven Geldpolitik der US-Notenbank hat den Preis des Edelmetalls in den vergangenen Monaten ausgebremst. Als echter Stimmungskiller erweist sich die Kursentwicklung der Goldminenaktien, die im Vergleich zum Goldpreis in den zurückliegenden zwölf Monaten überproportional stark verloren haben. Der mit den größten Goldunternehmen der Welt bestückte VanEck Vectors Gold Miners ETF rutschte in diesem Zeitraum um gut 30 Prozent ab.

Für strategisch orientierte Investoren bietet sich damit eine außergewöhnlich interessante Einstiegschance. Alle großen Goldproduzenten, die die kanadische Scotiabank derzeit auf ihrer Beobachtungsliste führt, handeln aktuell am oder nahe am unteren Ende ihrer historischen Bewertungsspannen. Im Durchschnitt werden die Aktien demnach mit einem Abschlag von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum aktuellen Goldpreis von rund 1749 US-Dollar gehandelt. Mit anderen Worten: Die Aktienkurse der großen Goldproduzenten notieren momentan auf einem Niveau, das einem Goldpreis von etwa 1400 US-Dollar entspricht. Die Rohstoffexperten der Credit Suisse bezeichnen die aktuelle Bewertung der Goldaktien als "abnormal günstig".

Selbst bei Branchenprimus Barrick Gold konnte in den vergangenen Jahren zu keinem Zeitpunkt ein größerer Discount beobachtet werden als momentan, obwohl das Unternehmen heute besser denn je dasteht. Rund viereinhalb Millionen Unzen Gold wird Barrick Gold in diesem Jahr mit seinen Minen unter anderem in Afrika und Nordamerika aus dem Boden holen und dabei voraussichtlich einen Gewinn von 1,23 US-Dollar je Aktie einfahren. Bis zum Jahresende dürfte die Nettoliquidität des kanadischen Konzerns zudem auf geschätzt 550 Millionen US-Dollar steigen. Dabei berücksichtigt sind bereits die 750 Millionen US-Dollar, die die Gesellschaft im Laufe dieses Jahres an ihre Aktionäre zurückzahlen wird.

Eine bemerkenswerte Entwicklung hat auch Endeavour Mining vollzogen. Über 600 Millionen US-Dollar Schulden wurden im Kalenderjahr 2020 abgebaut, zum Jahreswechsel blickte die multinationale Gesellschaft mit Hauptquartier in London auf eine Nettoliquidität von 75 Millionen US-Dollar. Durch den Ausbau bestehender Produktionen und eine Reduzierung der Produktionskosten rechnet das Management mit derart hohen Einnahmen, dass man in den kommenden drei Jahren mindestens 500 Millionen US-Dollar in Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe investieren will.

Goldproduzenten sind finanzstark

Mit ihren inzwischen kerngesunden Bilanzen stehen Barrick Gold und Endeavour Mining stellvertretend für die Riege der Top-Unternehmen im Goldsektor, für den das kanadische Brokerhaus Canaccord für das laufende Jahr mit rekordhohen Dividendenausschüttungen im Volumen von fünf Milliarden US-Dollar rechnet. Diese Summe würde praktisch einer Verdoppelung gegenüber dem letztjährigen Niveau von 2,6 Milliarden US-Dollar entsprechen. Selbst für Dividendenjäger sind die großen Goldproduzenten mit einer durchschnittlichen Dividendenrendite von mehr als zwei Prozent damit im aktuellen Niedrigzinsumfeld interessant.

Über die Dividendenzahlungen hinaus investieren die Konzerne die vorhandene Liquidität derzeit in den Rückkauf eigener Aktien oder in den Kauf aussichtsreicher Projekte und Unternehmen. Während Kinross Gold, Newcrest Mining und Barrick Gold ihre Übernahmeambitionen im Rahmen des Gold Forum Americas zuletzt noch einmal unterstrichen haben, hat Agnico Eagle bereits Nägel mit Köpfen gemacht und mit Kirkland Lake Gold unseren Favoriten aus Heft 14/2021 übernommen.

Der Zusammenschluss im Volumen von 10,7 Milliarden US-Dollar wird offiziell als Fusion unter Gleichen vollzogen, Kirkland-Lake-Aktionäre bekommen ihre Anteile nach Abschluss des Deals automatisch gemäß dem festgesetzten Verhältnis in Agnico-Eagle-Aktien umgetauscht. Dabei ist der angekündigte Zusammenschluss durchaus sinnvoll. Als künftig drittgrößter Goldproduzent der Erde mit einer Produktion von rund 3,4 Millionen Unzen in diesem Jahr rechnen die Konzerne allein in den ersten fünf Jahren mit Synergieeffekten von 800 Millionen US-Dollar. Das Einsparpotenzial innerhalb der nächsten zehn Jahre wird gar auf zwei Milliarden US-Dollar taxiert.

Weitere Übernahmen und Fusionen innerhalb der Goldminenbranche dürften angesichts historisch niedriger Bewertungen und starker Bilanzen nur eine Frage der Zeit sein. Damit dürfte die Branche eher früher als später zurück ins Rampenlicht der Börse treten. Gerade Projekte wie die Eagle-Gold-Mine in Kanada von Victoria Gold, die in politisch stabilen Regionen mehr als 200 000 Unzen pro Jahr für mindestens die nächsten zehn Jahre produzieren, gelten als besonders attraktive Übernahmeziele. Weitere Deals dürften der Stimmung bei den nächsten wichtigen Branchenevents nur guttun.