Eine hohe Nachfrage aus Indien und die zunehmende Dekarbonisierung sollten dem Silberpreis bald Auftrieb geben. Was dahinter steckt. Von Emmeran Eder


Kräftig Federn lassen musste dieses Jahr der Preis für Silber. Seit April hat er in US-Dollar gerechnet um gut ein Viertel nachgegeben. Das hat mehrere Gründe. Zum einen war es der starke Greenback, der Käufer abhielt, da das Weißmetall in US- Dollar gehandelt wird. Vor allem aber sorgte die drohende Rezession für den Schwächeanfall. 

Mehr als die Hälfte der Jahresproduktion des Metalls wird in der Industrie verbraucht, vor allem für Anwendungen in der Medizintechnik, aber auch in der Halbleiterherstellung und zunehmend in der Solarbranche. Aufgrund des Photovoltaik-Booms im Zuge der von der EU und den USA forcierten Energiewende werden derzeit laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts knapp 15 Prozent der globalen Silber-Jahresproduktion in der Solarindustrie verwendet — Tendenz steigend. Noch wichtiger für die Nachfrage ist aber China. Dort haben die Neuinstallationen von PV-Modulen 2022 trotz schwachem Wirtschaftswachstum zugelegt. 

Die globale Nachfrage nach Silber aus diesem Sektor wuchs 2021 laut der Branchenorganisation Silver Institute um 13 Prozent auf insgesamt 3545 Tonnen und sollte 2022 um zwölf Prozent auf 3950 Tonnen zulegen. Hinzu kommt, dass Silber auch in der Autoindustrie bei der Elektromobilität wegen seiner guten Leitfähigkeit zunehmend gefragt ist. Von daher rechnen Branchenexperten für 2022 mit einem leichten Angebotsdefizit. Das könnte sich 2023 noch verschärfen, da der Trend zur Dekarbonisierung nicht nur anhält, sondern sich verstärken sollte. Die Rohstoffexperten der Commerzbank sehen unter anderem deswegen für 2023 kräftiges Aufholpotenzial bei dem Weißmetall. 

Silber – die Heiratssaison beginnt 

Auch kurzfristig ist nach Ansicht des Edelmetallanbieters Bullion Vault mit anziehenden Silberpreisen zu rechnen. Beginnt doch in Indien die Heiratssaison, wo traditionell viel Gold verschenkt wird. Da der Goldpreis in indischer Rupie nahe dem Allzeithoch steht, greifen viele Inder zum deutlich billigeren Silber. Hinzu kommt, dass die Regierung die Einfuhrzölle für Gold stark erhöht hat, während diese bei Silber nicht verändert wurden. Die Nachfrage in Indien ist so groß, dass Importeure bereit sind, das Mehrfache der Kosten für Seefracht zu zahlen, um das graue Metall direkt einfliegen zu lassen. 

„Auch das charttechnische Bild bei Silber hat sich zuletzt wieder deutlich aufgehellt“, sagt Marcus Landau, Derivateexperte bei der DZ Bank. Bei 18 US-Dollar je Feinunze scheint sich ein Boden gebildet zu haben. Mit dem nicht währungsgesicherten Silber-ETC (WKN: A0N 62F) von WisdomTree können Investoren an steigenden Silberpreisen partizipieren. Die Gebühr beträgt 0,49 Prozent jährlich.