Die Neuverhandlung des Abkommens zwischen Russland und der Ukraine bietet risikobereiten Anlegern Chancen.

Von Emmeran Eder

Angezogen hat zuletzt nach längerer Talfahrt der Weizenpreis. Grund ist, dass das Getreide­abkommen zwischen Russland und der Ukraine am 19. März abläuft und neu verhandelt werden muss. Das sorgt für Unsicherheit am Markt. Seit Mai hat der Weizenpreis stark nachgegeben, da die Horrorszenarien, die im Frühjahr einen enormen globalen Mangel an Weizen prognostiziert hatten, nicht wahr wurden. Neben dem Getreidedeal zwischen den Kriegsparteien, vermittelt von der Türkei, sorgte dafür auch die Tatsache, dass es in Australien und Russland Rekordernten gab und die Lagerbestände in den Exportländern gut aufgefüllt werden konnten. Einen optimistischen Ausblick für die kommende Weizen-Erntesaison haben offizielle russische Stellen veröffentlicht: mehr als 100 Millionen Tonnen Output. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) bezweifelt das jedoch. Eine Analyse anhand von Wetter und historischen Daten deute darauf hin, dass die Prognose zu hoch sei. Das USDA rechnet nur mit 92 Millionen Tonnen. Noch deutlich weniger erwartet das renommierte Agrarberatungsunternehmen Ikar mit 84 Millionen Tonnen wegen sich abzeichnender Trockenheit.

Weniger Anbaufläche in der Ukraine

Auch die Aussichten für die USA, eines der wichtigsten Produzentenländer, sind unsicher. Die Anbaufläche für Winterweizen dürfte zwar um elf Prozent größer werden als in der Vorsaison, dort herrscht aber ungewöhnlich regen­armes Wetter. Daher verzögerte sich auch die Aussaat von Sommerweizen in den Vereinigten Staaten. Selbst wenn der Deal zwischen Russland und der Ukraine verlängert wird, dürfte wegen der Verschärfung des Kriegs und der neuen russischen Offensive das ukrainische Weizenangebot sinken. Der Landwirtschaftsrat des Landes erwartet eine um 40 Prozent niedrigere Anbaufläche für Winterweizen als im Vorjahr.

Schwierige Verhandlungen

Auch die Verhandlungen selbst dürften kompliziert werden. So beschwert sich die Ukraine darüber, dass Ausfuhren durch die Verzögerungstaktik der Russen bei Schiffsinspektionen bewusst verlangsamt würden. Russland übte dagegen harsche Kritik am Abkommen. Angeprangert wurde, dass die Getreideausfuhren unter dem humanitären Korridor bislang häufig bei reichen Ländern gelandet seien, während Lieferungen an arme Staaten tendenziell zurückgegangen seien. Zudem besteht die Gefahr, dass Moskau das Abkommen als Druckmittel benutzt, um westliche Sanktionen abzumildern. Daher ist zu erwarten, dass der Weizenpreis in den nächsten Wochen eine politische Prämie erhält. Zumal ein kurzzeitiges taktisches Aussetzen des Deals durch Russland — wie schon 2022 geschehen — möglich ist. Kurzfristig orientierte Anleger nutzen diese Situation und setzen mit dem Weizen-ETC von WisdomTree auf Gewinne. Die Jahresgebühr beträgt 0,49 Prozent. Es besteht ein US-Dollarrisiko.