Interview mit Thorsten Polleit, Chefökonom der Degussa Goldhandel:

1. Wie erklären Sie sich die Turbulenzen bei den Gold- und Silberpreisen in den vergangenen Wochen?

Vermutlich gibt es eine Reihe von Erklärungen. Investoren verspüren Unsicherheit über den künftigen Konjunktur-, Zins- und Börsenverlauf. Hinzu kommen Krisenherde wie zum Beispiel die Entwicklungen auf der Krim und ihre möglichen Folgen. Vermutlich war es aber vor allem die Sorge vor Zinssteigerungen und deflationären Tendenzen, die die Edelmetallpreise jüngst wieder gedrückt haben.

2. Wie werden sich die Preise für Gold und Silber bis Ende 2014 entwickeln?

Der Goldpreis, vorsichtig geschätzt, scheint nicht überteuert zu sein im Vergleich zu anderen Vermögensanlagen. Zudem ist die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht überwunden. Mit dem Scheinaufschwung könnte es schon in der zweiten Jahreshälfte vorbei sein. Die Gefahr, dass die internationale Papiergeld- und Schuldenpyramide in sich zusammensackt, ist größer, als viele Investoren meinen. Am Jahresende könnten die Gold- und Silberpreise merklich höher stehen als heute.

3.Sehen Sie Gold eher als Versicherung oder als Anlageobjekt für Spekulationen?

Gold ist das ultimative Zahlungsmittel. Als solches kann man es in der Tat wie eine Versicherung für das Portfolio ansehen, die sich rechnet. Langfristig betrachtet weist der Goldpreis keine Korrelation mit zum Beispiel Aktienkursveränderungen auf. Gleichzeitig ist der Goldpreis in den letzten Jahrzehnten, wenngleich auch unter erheblichen Schwankungen, durchschnittlich um etwa 10 Prozent pro Jahr gestiegen.

4. Und was ist mit Silber? Sehen Sie das Edelmetall eher als Versicherung oder als Anlageobjekt für Spekulationen?

Silber ist vor allem auch ein Industriemetall. Sein Preis hängt dennoch eng an der Entwicklung des Goldpreises. Üblicherweise reagiert der Silberpreis sehr stark auf Veränderung des Goldpreises, nach oben wie nach unten. Investoren, die mit steigendem Goldpreis rechnen, könnten also erwägen, Silber zu kaufen.

5. Wie hoch sollte der Anteil von Gold und Silber im Depot sein?

Ein genauer Prozentsatz, der für jeden und alle Anleger passend ist, lässt sich vermutlich nicht nennen. Für den einen sind 10 Prozent, für den anderen 20 Prozent oder mehr passend. Jeder sollte jedoch zumindest einen Teil seines Vermögens in Gold halten. Papiergelder kommen und gehen. Gold bleibt.

Interview mit Thorsten Proettel, Rohstoffanalyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW):

1. Wie erklären Sie sich die Turbulenzen bei den Gold- und Silberpreisen in den vergangenen Wochen?

Der wichtigste Aspekt war die plötzlich auftretende Krim-Krise. Die hiervon ausgelösten Turbulenzen an den Aktien- und Währungsmärkten führten zu Goldkäufen größerer Marktteilnehmer. Nachdem dieser Konflikt zumindest an den Börsen allmählich verdaut ist, wenden sich die Akteure wieder anderen Themenfeldern zu. Hierzu gehört die US-Geldpolitik, die eher für einen sinkenden Goldpreis spricht. Der Silberpreis folgte in den letzten Wochen wie so oft der Entwicklung des Goldes.

2. Wie werden sich die Preise für Gold und Silber bis Ende 2014 entwickeln?

Die Diskussionen über den Beginn der Zinswende in den USA dürfte das gesamte Jahr 2014 über lebhaft bleiben. Der Goldpreis wird deshalb meiner Meinung nach auf USD-Basis wieder in tieferes Fahrwasser gelangen und zum Jahresende die 1.200-USD-Marke erreichen. Da ich aber gleichzeitig mit einer USD-Aufwertung rechne, bleibt das Edelmetall für uns Europäer in etwa auf dem aktuellen Niveau. Silber hat dagegen aufgrund der guten Konjunktur Aufwärtspotenzial. Ich denke, zum Jahresende werden sich die Notierungen imBereich von 22 USD etabliert haben.

3.Sehen Sie Gold eher als Versicherung oder als Anlageobjekt für Spekulationen?

Gold kann beide Funktionen erfüllen. Für Privatanleger in Deutschland und dem überwiegenden Teil der Welt steht der strategische Nutzen im Vordergrund. Die für die kurzfristigen Preisausschläge verantwortlichen größeren Marktteilnehmer sehen Gold dagegen als Spekulationsobjekt an.

4. Und was ist mit Silber? Sehen Sie das Edelmetall eher als Versicherung oder als Anlageobjekt für Spekulationen?

Mehr als die Hälfte der jährlichen Silbernachfrage entfällt auf die Industrie, weshalb Silber keinen Versicherungsaspekt gegen Turbulenzen an den Finanzmärkten in sich trägt. Es eignet sich aber durchaus für langfristig orientierte Anleger mit einer positiven Konjunkturerwartung. Andererseits macht die im Vergleich zu Gold etwas höhere Volatilität Silber zu einem idealen Basiswert für kurzfristige Spekulationen. Erfahrene Privatanleger können beispielsweise mit Zertifikaten hiervon profitieren.

5. Wie hoch sollte der Anteil von Gold und Silber im Depot sein?

Der Goldanteil sollte sich nach dem individuellem Absicherungsbedürfnis und den bereits vorhandenen Anlagen richten. Besteht das Vermögen hauptsächlich aus Nominalforderungen wie Anleihen, dann sind fünf Prozent eine gute Daumenregel. Für volatilere Aktienvermögen kann es auch das Doppelte sein, um einen nennenswerten Portfolioeffekt zu erzielen. Wer dagegen in Immobilien investiert hat, braucht den Sachwert Gold nicht noch zusätzlich. Bei Silber sieht die Sache anders aus, da dessen Preis wie geschildert positiv mit der Konjunktur korreliert ist. Der Anteil ist somit wie beispielsweise auch der Anteil eines Engagements in einen Aktienwert Ermessenssache. Insgesamt halte ich einen Edelmetallanteil von mehr als einem Fünftel aber für die absoluteObergrenze von hinreichend diversifizierten Portfolios.

Interview mit Carsten Fritsch, Rohstoffexperte bei der Commerzbank:

1. Wie erklären Sie sich die Turbulenzen bei den Gold- und Silberpreisen in den vergangenen Wochen?

Für den jüngsten Preisrückgang sind in erster Linie Spekulanten verantwortlich, welche die Preise vorher hochgetrieben hatten. Mit den höheren Preisen hat sich die physische Nachfrage abgeschwächt. Zudem spielt die Charttechnik eine Rolle.

2. Wie werden sich die Preise für Gold und Silber bis Ende 2014 entwickeln?

Der Goldpreis dürfte bis zum Jahresende auf 1.400 USD je Feinunze steigen, der Silberpreis auf 24 USD je Feinunze. Das Anziehen der Investmentnachfrage bei gleichzeitig robuster physischer Nachfrage aus Asien begünstigt Gold. Silber dagegen sollte vor allem von der stärkeren Nachfrage aus der Industrie profitieren.

3. Sehen Sie Gold eher als Versicherung oder als Anlageobjekt für Spekulationen?

Gold sollte in erster Linie eine Versicherung sein und weniger ein Spekulationsobjekt. In guten Zeiten profitiert man so von steigenden Aktienmärkten, in schwierigen Zeiten von einem steigenden Goldpreis.

4. Und was ist mit Silber? Sehen Sie das Edelmetall eher als Versicherung oder als Anlageobjekt für Spekulationen?

Silber ist wesentlich volatiler als Gold und eignet sich daher weniger als Versicherung, zumal Silber in schwierigen Zeiten zur Schwäche neigt. Es dient daher als Beimischung in steigenden Märkten.

5. Wie hoch sollte der Anteil von Gold und Silber im Depot sein?

Das kann man nicht pauschal sagen. Die Antwort hängt von der persönlichen Präferenz des Anlegers ab. Ich halte aber zehn Prozent aus Diversifikationsgründen für ratsam.