Einmal pro Woche verfolgen die Akteure an den Goldmärkten mit großer Aufmerksamkeit den von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) veröffentlichten Bericht über die aktuelle Stimmung an den Terminmärkten. Dieser sogenannte Commitments of Traders-Report zeigt unter anderem auf, wie sich im Vergleich zur Vorwoche das allgemeine Interesse an Gold-Futures entwickelt hat. Messbar wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), wobei einem Future papiermäßig der Gegenwert von 100 Feinunzen Gold zugrunde liegt. Besonders interessant wird das Update für Investoren aber vor allem dadurch, dass man sich über konkrete Stimmungen diverser Gruppen von Marktakteuren informieren kann. Außerdem zeigt der Bericht auf, wie sich innerhalb einer Woche die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert haben. Daraus lässt sich dann ableiten, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.

An den Terminmärkten herrscht unter den spekulativen Marktakteuren aktuell ein starkes Verkaufsinteresse. Die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) hat sich in der Woche zum 26. Juni mit 468.600 Kontrakten zwar kaum verändert, die Stimmung unter Großspekulanten aber schon. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten gab es zum zweiten Mal in Folge einen Einbruch im zweistelligen Prozentbereich zu vermelden. Diesmal schlug sich das geringe Interesse an Gold in einem Rückgang von 114.100 auf 95.000 Futures (-16,8 Prozent) nieder.

Dies war vor allem auf die Transaktionen der Großspekulanten zurückzuführen, deren Short-Engagement mit 118.400 Kontrakten auf den höchsten Stand des Jahres geklettert war. Bei der Netto-Long-Position schlug sich dies in einem Einbruch von 96.500 auf 76.700 Kontrakte (-20,5 Prozent) nieder. Kleine Terminspekulanten sind hingegen optimistischer geworden. Deren Netto-Long-Position hat sich auf Wochensicht von 17.600 auf 18.300 Futures (+4,0 Prozent) spürbar erholt.

Auf Seite 2: Gold enttäuscht im ersten Halbjahr

Das erste Halbjahr liegt hinter uns und eines lässt sich mit Blick auf den Goldpreis zweifellos attestieren: Angesichts der zahlreichen Krisenherde geopolitischer, finanzpolitischer und wirtschaftlicher Art entwickelte sich der Goldpreis in den ersten sechs Monaten sehr enttäuschend. Weder die Konflikte zwischen dem Westen und Russland (Krim, Ostukraine, Syrien, Hackerangriffe, Giftanschlag in London) noch die Schuldenprobleme in Japan, Europa und den USA haben zu verstärkten Goldinvestments geführt. Seit Ende Dezember hat der traditionelle Krisenschutz eher nicht funktioniert und auf Dollarbasis 5,1 Prozent und in Euro gerechnet 0,8 Prozent verloren. Der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und anderen wichtigen Wirtschaftsnationen - allen voran China - hat eher zu einem Run in den Dollar als eine Flucht in den sicheren Hafen Gold geführt.

Dies dürfte in erster Linie auf die deutlich gestiegenen US-Leitzinsen bzw. -Renditen zurückzuführen sein. Seit Ende 2015 hat die US-Notenbank Fed bereits siebenmal die Leitzinsen angehoben und dadurch den US-Anlegern deutlich höhere Renditen beschert. In Europa sind wir von einem solchen Umfeld noch meilenweit entfernt, schließlich werden Draghi & Co. bis Ende September pro Monat weiterhin Anleihen im Wert von 30 Milliarden Euro kaufen. Bis Ende Dezember sollen sich die Käufe dann auf 15 Milliarden halbieren und Ende Dezember auslaufen. Außerdem soll der erste Zinsschritt nach oben frühestens im Sommer 2019 erfolgen. Natürlich nur, falls keine neuen Umstände auftreten, die ein Beibehalten des Krisenmodus erfordern würden. Und dies könnte zum Knackpunkt werden, schließlich muss in Europa der Brexit bewerkstelligt und Italiens neue Regierung im Auge behalten werden. Dass die aktuelle Krise der Bundesregierung den Euro nicht gerade stärkt, dürfte ebenfalls außer Frage stehen.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.