Dies kann man sowohl an der anhaltend hohen Zahl offener Kontrakte (Open Interest) als auch an den getätigten Transaktionen der spekulativen Marktakteure ablesen. So wies zum Beispiel der wöchentliche CoT-Report der CFTC seit dem Jahreswechsel einen Anstieg des Open Interest von 401.880 auf 503.331 Kontrakte (+25,2 Prozent) aus. Besonders aussagekräftig waren allerdings die während dieses Zeitraums registrierten Transaktionen kommerzieller Branchenangehörige (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables). So zeigt die Netto-Long-Position einer bestimmten Gruppe von Marktakteuren an, dass mehr Gold-Futures long als short positioniert sind - der Optimismus also überwiegt. Netto short bedeutet hingegen, dass die Short-Seiter das Long-Exposure übertrifft und somit der Pessimismus ausgeprägter ist.

Seit Ende Dezember hat sich die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten verfünfzehnfacht und ist mittlerweile auf dem höchsten Stand seit Ende November 2012 angelangt. Während dieses Zeitraums ging es von 15.335 auf 240.121 Kontrakte rasant bergauf. Der enorm gestiegene Optimismus war vor allem der Sorge um die Stabilität der Finanzmärkte geschuldet. Die Argumente "bewährter Krisenschutz" sowie "charttechnisches Nachholpotenzial" dürften dabei eine wesentliche Rolle gespielt haben.

Dieser Meinungstrend war unter großen wie kleinen Terminspekulanten gleichermaßen zu beobachten. Großspekulanten haben ihre Positionen an Gold-Futures besonders kräftig verändert. Dabei wurde die Long-Seite massiv aufgestockt und das Short-Engagement kräftig zurückgefahren. Summa summarum führte dies bei deren Netto-Long-Position zu einem Sprung von 19.102 auf 216.837 Futures.

Einen regelrechten Meinungswechsel gab es unter den Kleinspekulanten zu vermelden. Sie haben nämlich ihre zum Jahresultimo registrierte Netto-Short-Position (pessimistische Markterwartung) von 3.767 mittlerweile in eine Netto-Long-Position von 23.284 Kontrakten "gedreht". Falls es unter den beiden Gruppen von Terminmarktspekulanten zu keinem nachlassenden Optimismus kommen sollte, dürften die Ampeln bei dem gelben Edelmetall weiterhin auf "Grün" bleiben.

Auf Seite 2: Gold - negative Korrelation zu Aktien ausgehebelt Dass die Finanzmärkte seit Jahren ungewöhnliche Zeiten erleben, ist offensichtlich. Negativzinsen, Anleihekäufe der Notenbanken und der Einbruch des Ölpreises sind hierfür der beste Beweis. So manche Korrelation, die in der Vergangenheit prächtig funktioniert hatte, scheint aber mittlerweile ausgedient zu haben. Mit Blick auf den Goldpreis fällt dabei vor allem eines auf: Starke Aktienmärkte haben das Edelmetall kaum gebremst. Fazit: Die Risiken an den Finanzmärkten bleiben hoch und der Bedarf an Krisenschutz via Gold offensichtlich auch.

Besonders pessimistische Töne waren Mitte April vom Internationalen Währungsfonds zu hören, der eine neue Finanzkrise befürchtet. Und dies, obwohl wir die alte immer noch nicht verdaut haben. Stark gefragt ist das gelbe Edelmetall in diesem Jahr nicht nur an den Terminmärkten und im ETF-Sektor, handfestes Gold in Form von Barren und Münzen erlebt derzeit ebenfalls einen Umsatzboom. Nur ein Beispiel: Seit dem Jahreswechsel hat die US Mint 333.000 Feinunzen in Form der American Eagles-Goldmünzen verkauft. Damit übertrafen die US-Amerikaner den vergleichbaren Vorjahreswert um 90 Prozent. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr entspräche dies einer Verkaufsmenge von 999.000 Feinunzen und somit einer Absatzsteigerung um fast 25 Prozent. Fazit: Das Risiko, dass Gold seinen Nimbus als Krisenwährung einbüßen wird, scheint derzeit extrem vernachlässigbar zu sein.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.