Der Goldpreis konnte in den vergangenen Tagen um mehr als 100 Dollar zulegen. Die Chancen steigen, dass das Tief vorüber ist. Von Markus Bussler

Es gibt Meldungen, die sensationell klingen, wenn man sie liest. Und dennoch: Sie gehen im Überangebot an Nachrichten, die uns Tag für Tag erreichen, schlicht und ergreifend unter. Eine davon betrifft die Notenbanken und ihre Tätigkeiten auf dem Goldmarkt im dritten Quartal. Fast 400 Tonnen Gold haben die Notenbanken weltweit in dem Zeitraum erworben. Ein Rekordwert. Doch es ist nicht klar, wer genau die Käufer sind. Die Käufe erfolgten zum großen Teil anonym.

In der Vergangenheit sind vor allem die chinesische und die russische Zentralbank immer wieder als anonyme Käufer auf dem Goldmarkt aufgetreten. Da Russland momentan einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, liegt der Verdacht nahe, dass vor allem die chinesische Zentralbank auf dem Goldmarkt aktiv gewesen ist. Beweisen freilich lässt sich das aktuell nicht. Doch China hat mehrfach die eigenen Goldbestände nach Jahren der Stagnation nach oben korrigiert. Verwundert sollte niemand sein, wenn dies in den kommenden Monaten erneut geschieht.

Goldkäufe in inflationären Zeiten

Nun könnte man aufgrund des Zeitpunkts auf die Idee kommen, dass die Zentralbankkäufe für einen Trendwechsel bei Gold gesorgt haben. Doch das wäre ein Irrglaube. Zum einen sind die Goldkäufe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Meldung schon über die Bühne gegangen. Zum anderen dominiert nach wie vor der Terminmarkt das Preisgeschehen bei Gold. Allerdings haben die Käufe der Zentralbanken natürlich eine psychologische Wirkung. Als Anleger fragt man sich: Wenn die Notenbanken in inflationären Zeiten auf Gold zurückgreifen, könnte dies nicht ein Zeichen sein, dass die Notenbanken ihrer eigenen Politik zur Inflationsbekämpfung nicht vertrauen?

Goldpreis: Nächster Rücksetzer als Kaufchance

Für Anleger aber weitaus wichtiger: Wie geht es mit dem Goldpreis weiter? Der erste Schritt ist zweifelsohne mit dem Anstieg der vergangenen Tage getan. Doch aus technischer Sicht wird uns der nächste Rücksetzer viel über die Intention des Markts verraten. Es besteht die Möglichkeit, dass der Goldpreis bereits die 1740 Dollar verteidigt und seinen Bullenlauf über die Marke von 1800 Dollar bis in den Bereich von 1820/1833 Dollar, den Tops vom Sommer 2021, fortsetzt. Anschließend könnte es eine knackige Korrektur geben, die dann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Kaufchance ist.

Sollte Gold zu einer Korrektur ansetzen, bevor dieser Bereich erreicht ist, dann würde dem Bereich um 1700 Dollar eine zentrale Bedeutung zukommen, ein Rücksetzer wäre sogar bis 1660 Dollar möglich. Jedoch auch das wäre eine Kaufchance. So oder so, in den nächsten Tagen wird der Markt seine Karten auf den Tisch legen. Anleger sollten sich bereithalten.

Dieser Artikel erschien zuerst in Euro am Sonntag 46/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.