Mit dem allgemeinen Interesse an Gold-Futures ging es in der Woche zum 21. Juli aber erneut bergauf. So kletterte die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 580.200 auf 603.100 Futures (+4,0 Prozent), den höchsten Stand seit Mitte März. Zugleich sind große Terminspekulanten optimistischer und kleine Terminspekulanten skeptischer geworden. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten war auf Wochensicht ein leichtes Plus von 302.000 auf 303.900 Kontrakte (+0,6 Prozent) gemeldet worden. Besonders interessant: Obwohl sich der Goldpreis seit dem Jahreswechsel um 25 Prozent verteuert hat, ließ im gleichen Zeitraum der Optimismus der spekulativen Marktakteure um 17 Prozent nach. Dies zeigt auf, dass die Terminmärkte bei der Goldpreisfindung nicht mehr "die erste Geige spielen". Diesen Part haben mittlerweile ETF-Investoren übernommen (siehe unten).

Innerhalb einer Woche haben Großspekulanten (Non-Commercials) ihr Long-Engagement um 4.000 Futures aufgestockt und dabei ihre Short-Seite praktisch unverändert belassen. Bei der Netto-Long-Position dieser Gruppe von Marktakteuren schlug sich dies in einem Anstieg von 262.400 auf 266.400 Futures (+1,5 Prozent) nieder. Kleinspekulanten (Non-Reportables) haben indes ihr Short-Exposure massiv verstärkt, was deren Netto-Long-Position gegenüber der Vorwoche von 39.600 auf 37.400 Kontrakte (-5,6 Prozent) abgeschwächt hat.

Auf Tuchfühlung mit Allzeithoch


Vor dem Wochenende überwand der Goldpreis die Marke von 1.900 Dollar und bewegt sich damit weiter in Richtung Rekordhoch. In Euro gerechnet ist dies bereits gelungen. Die seit Monaten andauernde Rally ist vor allem auf den Nachfrageboom im ETF-Segment zurückzuführen. Laut aktuellen Daten des World Gold Council belaufen sich die weltweiten Nettozuflüsse physisch hinterlegter Gold-ETFs seit dem Jahreswechsel auf 804,9 Tonnen bzw. 43,6 Milliarden Dollar. Damit wurde innerhalb von sieben Monaten das bisherige Rekordhoch von 646 Tonnen für das Gesamtjahr 2008 um fast 25 Prozent übertroffen. Dies führte zu einem weiteren Rekord: Mit 3.691,5 Tonnen "bunkern" Privatanleger über diese Form von Papiergold so viel Gold wie noch nie und zudem mehr Gold als die Deutsche Bundesbank. Deren Goldreserven werden derzeit mit "lediglich" 3.363,6 Tonnen angegeben.

Mit 1.946,2 Tonnen bzw. 1.582,0 Tonnen scheint das Schutzbedürfnis nordamerikanischer bzw. europäischer ETF-Anleger gegenwärtig besonders stark ausgeprägt zu sein. Angesichts von 102,1 Tonnen scheinen asiatische Investoren hier keine sonderlich große Rolle zu spielen. Wenn man aber bedenkt, dass sie im Jahr 2019 durch marginale Abflüsse von 0,2 Tonnen in Erscheinung getreten sind, kann man auch ihnen eine massive Fluchtbewegung ins gelbe Edelmetall attestieren.

Aus charttechnischer Sicht zeigt der Timingindikator Relative-Stärke Index (RSI) mit aktuell 82 Prozent zwar eine stark überkaufte Lage an, aus zwei Gründen sollten Anleger diesen Umstand aber nicht zu sehr "auf die Goldwaage" legen. Erstens: Ein RSI-Verkaufssignal würde erst bei einem Unterschreiten der Marke von 70 Prozent entstehen. Zweitens: In diesem Jahr war bereits mehrfach ein solches Ausstiegssignal generiert worden - nachhaltig geschadet hat es dem Krisenschutz keineswegs. Das übergeordnete Chartbild ist insbesondere auf lange Sicht weiterhin positiv zu werten. Mit dem Überwinden der Marke von 1.900 Dollar hat der Goldpreis sogar die obere Begrenzung des seit Herbst 2018 gebildeten Aufwärtstrendkanals überwunden, was Chartisten als klares Kaufsignal interpretieren.