Am Mittwoch tagte mal wieder der Ölproduzenten-Verbund Opec+, um über die Öl-Fördermengen im Herbst zu beraten. Nach den größeren Erhöhungen der vergangenen Monate soll das gemeinsame Tagesproduktionsziel ab September um weitere 100.000 Barrel (159 Liter) ausgeweitet werden, teilte die von Saudi-Arabien und Russland dominierte Allianz nach einer Onlinesitzung am Mittwoch mit.

Die Allianz verfüge nur über "extrem limitierte Kapazitätsüberschüsse" und müsse diese deshalb äußerst vorsichtig nutzen, argumentierte die Opec+ in einer Mitteilung. Man sehe sich mit erheblichen Ungewissheiten konfrontiert. Fraglich ist vor allem, wie stark sich die erwartete Abschwächung der Weltwirtschaft auf die Nachfrage nach Erdöl, Benzin und Diesel auswirkt.

"Bedeutungslos" und "fast beleidigend"


Experten erklärten, die neue Fördermengen-Erhöhung entspreche 86 Sekunden des Weltverbrauchs. "Das ist so wenig, dass es bedeutungslos ist", sagte Raad Alkadiri, Manager bei der Beratungsfirma Eurasia Group. "Als politische Geste ist das fast beleidigend."

Das "Handelsblatt" zitiert Ehsan Khoman, Rohstoffexperten der Bank MUFG: "Das ist nicht mehr als ein Rundungsfehler." Der Deal werde keine großen Auswirkungen auf den Markt haben und nicht zu einer Entspannung der Versorgungslage beitragen.

Opec+ produzierte weniger als vereinbart


Die US-Regierung erklärte, eine Kontrolle der Ölpreise in den Fokus zu stellen. "Wir konzentrieren uns darauf, diese Preise niedrig zu halten", sagte Präsidialamtssprecherin Karine Jean-Pierre. Auf die Frage, ob die geringe Erhöhung eine Beleidigung von Präsident Joe Biden sei, sagte sie: "Die Preise fallen."

In ihren vorangegangenen Monatssitzungen hatten die Staaten des Kartells beschlossen, die starken Förderkürzungen, die während der Corona-Pandemie umgesetzt worden waren, schrittweise bis Ende August zurückzunehmen. Allerdings produzierte die Opec+ zuletzt deutlich weniger als vereinbart. Im Juni lag das Defizit laut Internationaler Energie-Agentur (IEA) bei rund 2,8 Millionen Barrel pro Tag.

Heikle Rolle für die Saudis


Saudi-Arabien kam bei der jüngsten Entscheidung der Opec+ eine heikle Rolle zu: Einerseits setzt Riad auf die Zusammenarbeit mit Moskau. Russland kann vor dem Hintergrund seines Krieges in der Ukraine seine Produktion nicht erhöhen und profitiert von den hohen Preisen. Andererseits ist der Golfstaat ein Verbündeter der Vereinigten Staaten.

US-Präsident Joe Biden hatte im Juli Saudi-Arabien besucht unter anderem um die Führungsnation der Opec zu einer höheren Förderung zu bewegen. Dies sollte dabei helfen, die vergleichsweise hohen US-Energiepreise zu dämpfen.

Ölpreise fallen


Die Ölpreise haben am Mittwoch-Abend den Rückwärtsgang eingelegt. Ein Barrel der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Oktober kostete am Terminmarkt am Donnerstag-Morgen nur noch 96,78 Dollar - über drei Prozent weniger als am Vortag. Rohöl kostet damit so wenig wie seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Ende Februar nicht mehr.

Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate ( WTI) rutschte unter die Marke von 90 Dollar.

Für Verbraucher bedeuten die niedrigeren Ölpreise eine Entlastung. Sprit und Heizöl dürften demnächst tendenziell günstiger werden. Auch die Inflationsrate hängt zu einem maßgeblichen Teil von den Energiepreisen ab. Sollte die Inflation ihren Höhepunkt überschritten haben, würde der Druck auf die Notenbanken kleiner, die Leitzinsen weiter deutlich zu erhöhen. Dann würde auch der bremsende Einfluss auf die Konjunktur wieder kleiner. mmr mit dpa und rtr