Nach einer enttäuschenden Performance in 2018 darf man nun gespannt sein, ob das als Industriemetall und Alternativwährung anerkannte Edelmetall in diesem Jahr zu einer Aufholjagd ansetzen wird. Aufzuholen gibt es einiges, schließlich kostete eine Feinunze Silber im Jahr 2011 fast 50 Dollar. Das dicke Minus im vergangenen Jahr in Höhe von 8,5 Prozent war vor allem auf die massiven Verkäufe großer Terminspekulanten zurückzuführen. Ob sich deren Laune gegen Ende des Jahres nochmals deutlich aufgehellt hat, lässt sich derzeit aber nicht feststellen. Grund: In den vergangenen beiden Wochen entfiel wegen des gegenwärtigen Stillstands der US-Regierungsgeschäfte der Commitments of Traders-Report, der im wöchentlichen Rhythmus über die Stimmung der verschiedenen Gruppen von Terminmarktakteuren berichtet.

Die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission hat wegen des US-Haushaltsstreits ("Shutdown") diese Dienstleistung vorübergehend eingestellt. Davon betroffen sind natürlich nicht nur die in der Finanzwelt als nicht ganz so wichtig eingestuften Silber-Futures, sondern sämtliche Terminkontrakte aller US-Terminbörsen. Da insbesondere die Rohstoff- und Edelmetallpreise von den Terminspekulanten stark beeinflusst werden, fehlen den Silberanlegern nun wichtige Informationen zur Beurteilung der aktuellen Marktstimmung.

Im vergangenen Jahr litt der Silberpreis vor allem unter den massiven Verkäufen großer Terminspekulanten (Non-Commercials). Dies hat dazu geführt, dass sie in 25 von insgesamt 51 Wochen eine Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) ausgewiesen hatten. Eine besonders lange "Durststrecke" über 17 Wochen gab es von Mitte August bis Anfang Dezember zu vermelden. Eine solch hartnäckige Pessimismus-Phase hat es seit über 20 Jahren nicht gegeben. Im Tief waren Großspekulanten am 4. September mit fast 29.000 Kontrakten netto short. Doch die miese Stimmung scheint mittlerweile Geschichte zu sein, schließlich war für den 18. Dezember wieder eine Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) von fast 20.000 Kontrakte ausgewiesen worden. Bleibt zu hoffen, dass der von US-Präsident Donald Trump am Freitag angedrohte "Shutdown" über Monate oder Jahre nicht eintreten wird, schließlich liefert der wöchentliche Stimmungsbericht der CFTC ausgesprochen nützliche und für eine Anlageentscheidung sehr wichtige Informationen.

Auf Seite 2: Silberchart liefert starkes Kaufsignal

Das Wichtigste vorweg: Der im zweiten Halbjahr 2018 mehrfach getestete charttechnische Boden im Bereich von 14 Dollar hat gehalten. Mittlerweile hat der Silberpreis mit dem Comeback über 15 Dollar sogar die nächste wichtige Unterstützungszone zurückerobert. Im Zuge dieser Entwicklung wurde auch die langfristige 200-Tage-Linie überwunden, was in der Chartlehre als klares Kaufsignal interpretiert wird. Problem dabei: Weil die Durchschnittslinie nach unten tendiert, sollte das Einstiegssignal mit Vorsicht genossen werden. Zum einen, weil ein "besseres Trendwechselsignal" erst durch das Drehen nach oben entstehen würde. Zum anderen erwies sich das Überwinden der 200-Tage-Linie 2018 mehrfach als "Bullenfalle" also Fehlsignal. Höchste Priorität hat nun das erfolgreiche Verteidigen der Marke von 15 Dollar. Ansonsten droht zumindest aus charttechnischer Sicht ein Comeback des Pessimismus.

Ein relativ mulmiges Gefühl bekommt man derzeit beim Blick auf den Timingindikator Relative-Stärke-Index (RSI). Dieser rutschte nämlich zum Jahresstart unter die Marke von 70 Prozent, was in der Chartlehre als Verkaufssignal gilt. In den vergangenen Jahren folgten auf solche Ausstiegssignale mitunter kräftige technische Korrekturen des Silberpreises. Das dickste Minus stellte sich mit in der Spitze 25 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2016 ein. Fazit: Unter Timingaspekten drängt sich ein Silberinvestment derzeit eher nicht auf. Anleger sollten lieber abwarten, ob der aktuelle Boden und die 200-Tage-Linie unverletzt bleibt.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.