Silber hinkt seinem "großen Bruder" Gold nicht erst seit dem Jahreswechsel eindeutig hinterher. Von der normalerweise üblichen Hebelwirkung ist nach oben derzeit nichts zu spüren, schließlich weist das gelbe Edelmetall seit dem Jahresultimo mit plus 14,9 Prozent eine markant höhere Performance als Silber (+8,6 Prozent) aus. Auch bei den Transaktionen an den Terminmärkten hat der Optimismus der Terminspekulanten weit weniger dynamisch zugenommen als bei Gold. Im wöchentlichen Rhythmus informiert die US-Aufsichtsbehörde CFTC über die Transaktionen kommerzieller Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables).

In der Woche zum 29. März hat bei kaum verändertem allgemeinen Interesse - ablesbar an der stagnierenden Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) - die kumulierte Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) großer und kleiner Terminspekulanten einen kräftigen Dämpfer erhalten. Sie verzeichnete nämlich auf Wochensicht einen Rückgang von 77.242 auf 68.104 Kontrakte (-11,8 Prozent).

Dies war vor allem auf die wachsende Skepsis unter den Großspekulanten zurückzuführen. Sie haben ihre Short-Seite im Berichtszeitraum massiv nach oben gefahren und zugleich ihr Long-Exposure reduziert. Dadurch hat sich deren kumulierte Netto-Long-Position von 63.429 auf 54.507 Kontrakte (-14,1 Prozent) kräftig reduziert. Noch geringer ausgeprägt war ihr Optimismus vor fast zwei Monaten. Bei den Kleinspekulanten hat sich die Stimmung gegenüber der Vorwoche hingegen nur wenig verändert. Ihre Netto-Long-Position verzeichnete innerhalb einer Woche ein leichtes Minus von 13.813 auf 13.597 Futures (-1,6 Prozent).

Auf Seite 2: Extremwert bei Gold/Silber-Ratio In der Silber-Community wird derzeit das extrem hohe Gold/Silber-Ratio heiß diskutiert. Diese Kennzahl lässt sich relativ leicht ermitteln, schließlich zeigt sie an, für wie viele Feinunzen Silber man eine Feinunze Gold erhält. Derzeit liegt das Gold/Silber-Ratio mit 81,2 auf historisch hohem Niveau. Seit dem Jahrtausendwechsel war ein solcher Extremwert lediglich zweimal erreicht worden - im Frühjahr 2003 und Ende 2008. In beiden Fällen folgte darauf eine markante Outperformance des Silberpreises. Außerdem prognostizieren diverse Analysten für die kommenden Jahre ein markant sinkendes Silberangebot, sowohl bei der Primärproduktion (Minen) als auch bei der Sekundärproduktion (Recycling). Dies sollte das bereits bestehende Angebotsdefizit weiter ausdehnen - eigentlich keine schlechten Voraussetzungen für einen steigenden Silberpreis.

Aus charttechnischer Sicht gibt es derzeit aber noch keinen triftigen Grund zum Jubeln. Während der Goldpreis mit seinem in diesem Jahr erfolgten Ausbruch aus dem Abwärtstrend ein klares Turnaroundsignal geliefert hat, scheint sein "kleiner Bruder" Silber weiterhin in seinem seit über drei Jahren intakten Abwärtstrend weiterhin gefangen zu sein. Hoffnung keimte aber Mitte März auf, als ein so genanntes "Golden Cross"-Kaufsignal entstand. Ein "goldenes Kreuz" kommt zustande, wenn die kurzfristige 50-Tage-Linie die langfristige 200-Tage-Linie markant übertrifft.

Als wichtiger Meilenstein wäre aber ein anderes Ereignis zu sehen - das Überwinden der Marke von 16 Dollar. Hier verläuft nämlich eine massive Widerstandszone. Viel interessanter wäre dabei allerdings der Umstand zu werten, dass mit dem Überwinden dieser Hürde ein Trendwechselsignal entstünde. Dieses könnte dann weitere chartinduzierte Käufe nach sich ziehen und die Underperformance des Silberpreises gegenüber Gold zumindest etwas kompensieren.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.