Um gut 20 Prozent ist der Preis von Platin seit Mitte Mai nach einem längeren vorherigen Anstieg abgerutscht. Vor allem der Chipmangel in der Autoindustrie ist dafür verantwortlich, da dieser zu Fertigungsproblemen und verringerten Stückzahlen führt. Immerhin stammen 40 Prozent der globalen Nachfrage nach dem Weißmetall aus dieser Branche. "Diese Lieferschwierigkeiten können noch weit ins nächste Jahr hineinreichen", sagt Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank.

Hinzu kommt, dass Edelmetalle allgemein schwächeln und Platin in deren Sog mit nach unten gezogen wird. Der Absturz des Preises des Schwestermetalls Palladium verringert auch die Nachfrage nach Platin, da nun Palladium seltener durch das billigere Platin substituiert wird. Überdies hat die Förderung von Platin wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreicht, und aus dem globalen Defizit des Vorjahres ist ein Angebotsüberschuss geworden.

Verschärfte Emissionsregeln in Asien

Trotzdem erscheint der Absturz übertrieben. Denn die Lage der Autoindustrie dürfte sich 2022 verbessern, die Lieferprobleme von Chips geringer werden. Zudem haben China und Indien beim Schwerkraftverkehr ihre Emissionsvorschriften verschärft. In China gelten diese seit Anfang Juli, in Indien ab Anfang 2022. Daher wird für die in Lkw und Bussen dort eingesetzten Katalysatoren mehr Platin benötigt. Schon dieses Jahr erhöhte sich die Nachfrage nach dem Weißmetall aus dem Reich der Mitte um 720.000 Unzen.

Auch der Bedarf im Chemiesektor ist hoch und dürfte es bleiben. Das Gleiche gilt für die Glassparte, in der hoch platinhaltige Werkstoffe eingesetzt werden. Dafür ist auch der 5G-Ausbau verantwortlich, der die Nachfrage nach neuen Endgeräten mit innovativen Displaygläsern ankurbelt. Ein weiterer Treiber ist die Schmuckbranche. In Nordamerika klettert der Bedarf an Platin deswegen 2021 kräftig. Die chinesische Schmucknachfrage wird im laufenden Jahr voraussichtlich um 16 Prozent auf 880.000 Unzen steigen. Allerdings dürfte diese kommendes Jahr wieder leicht zurückgehen, da die Zahl der Hochzeiten im Reich der Mitte rückläufig ist.

Trotzdem stehen die Chancen auf höhere Preise gut. Derzeit ist traditionell eine saisonal schwache Phase bei Platin. Das sollte sich im vierten Quartal wieder ändern. "Wir gehen davon aus, dass bei dem aktuellen Preisniveau noch etwas Luft nach oben ist und die industrielle Nachfrage weiterhin ansteigen sollte", ist Henrik Marx, Leiter Handel beim Edelmetallhändler Heraeus, optimistisch - genauso wie sein Kollege Fritsch bei der Commerzbank. Mit dem physisch besicherten ETC von Invesco (ISIN: IE 00B 40Q P99 0) setzen Investoren auf eine Erholung. Die Jahresgebühr beträgt 0,19 Prozent. Es gibt ein Devisenrisiko.