von Dirk Heß, Citi

Viele Investoren sind davon überzeugt, dass europäische Aktien in den ersten drei Monaten dieses Jahres über Aufwärtspotenzial verfügen. Dies geht aus der jüngsten Erhebung des Citi-Investmentbarometers aus dem vierten Quartal 2015, also noch vor den jüngsten Verwerfungen, hervor. So erwartet jeder zweite Teilnehmer (50,2 Prozent) der Befragung steigende Kurse bei europäischen Aktien. Im dritten Quartal 2015 glaubten lediglich 45,8 Prozent an eine solche Entwicklung.

Das europäische Zinsniveau hingegen wird sich nach Ansicht der befragten professionellen und privaten Marktteilnehmer in den nächsten drei Monaten kaum verändern: Trotz beginnender Zinswende in den USA gehen drei Viertel der Befragten (75,4 Prozent) von stagnierenden Zinsen in Europa aus. Auch für die kommenden zwölf Monate sind sie nicht wesentlich anders gestimmt. Deutlich mehr als die Hälfte (60,9 Prozent) glaubt daran, dass sich der der 3-Monats-Euribor (Euro Interbank Offered Rate) seitwärts entwickeln wird.

Insgesamt gesehen, zeigt der Daumen der Investoren verglichen mit dem dritten Quartal aber nach unten: Das Citi-Investmentbarometer notiert im vierten Quartal aggregiert für die Anlageklassen Aktien, Öl, Gold und Zinsen bei +17 Punkten - im Vorquartal waren es noch +24 Zähler gewesen. Das Umfragebarometer gibt alle drei Monate die aggregierte Stimmung professioneller und privater Anleger wieder. Das Barometer hat eine Skala von -100 (maximal negativ) bis +100 (maximal positiv). Somit befindet sich das Gesamtklima aber immer noch im positiven Bereich.

Die meisten Punkte verlor das Investitionsklima im Hinblick auf die erwartete Zinsentwicklung: Das Barometer sackte im Vergleich zum Vorquartal von 21 auf 3 Punkte ab. Ein Grund dafür dürfte die Erkenntnis sein, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wohl so schnell die Zinsschraube nicht anziehen wird. Experten glauben sogar, dass es bis Ende 2017 keine Zinserhöhungen mehr geben wird. Für Europa erwarten Investoren stattdessen eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik der EZB.

Die anhaltende Liquiditätsflut und das niedrige Zinsniveau am europäischen Finanzmarkt bieten wenig Alternativen zu einem das Investment in Aktien. Dies mag auch ein wichtiger Grund dafür sein, dass viele Anleger vom Aufwärtspotenzial des europäischen Aktienmarkts überzeugt sind. Ob die Umfrageteilnehmer mit ihrer Einschätzung richtig liegen, bleibt allerdings nach den deutlichen Kurseinbrüchen zu Jahresbeginn aufgrund der China-Krise abzuwarten.

Nicht nur bei den Zinsen, auch im Hinblick auf den künftigen Goldpreis hat sich die Erwartung deutlich eingetrübt: Das Investitionsklima sank von 20 Punkten (drittes Quartal) auf 7 Punkte (viertes Quartal). Nur 27 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass das gelbe Metall in den nächsten drei Monaten an Wert zulegen wird. Im Vorquartal hatten daran noch 35,8 Prozent geglaubt. Beitragen zum Pessimismus dürfte auch die Erwartung der Experten, dass Gold im Zuge des anziehenden Zinsniveaus in den USA künftig an Wert verlieren wird. Der Grund: Da das Edelmetall keine Zinsen abwirft, wird es im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren unattraktiver.

Last, but not least bleibt festzuhalten, dass die Anleger Rohöl nach wie vor nur begrenztes Potenzial zutrauen. Mehr als die Hälfte der Befragten (52,2 Prozent) erwartet für die nächsten drei Monate seitwärts laufende Preise.

Folgt man der Einschätzung der befragten Anleger, so sollten trotz - oder gerade wegen - der eingebrochenen Kurse Aktien für Anleger weiterhin interessant sein. Mangels Alternativen scheiden für die Befragten derzeit sowohl Zinsinvestments als auch Gold und Öl als vielversprechende Anlageklassen eher aus.