Die Geschichte von Matthias Zettler und der Aktie von 3U Holding beginnt wie viele dieser Art im Nebenwertesektor. Im Jahr 2010 kauft der damals 27-jährige Betriebswirt Aktien der auf Telekommunikation und erneuerbare Energien ausgerichteten Beteiligungsholding. Der Wert notierte deutlich unter seinem Buchwert, also dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital umgerechnet auf die Anzahl der Aktien. Sollte die Differenz aufgeholt werden, versprach sich der Allgäuer einen Gewinn. Der Abschlag wurde aber nicht aufgeholt. Im Gegenteil. Die Kurse stürzten erst einmal ordentlich ab. Viele Anleger hätten nun ihre Stop-Loss-Marke gezogen, die Flinte ins Korn geworfen.

Nicht so Zettler. Der arbeitet bei einem internationalen Konzern und prüft Pläne und Geschäftszahlen rund um den Globus. Kann er bei 3U Holding so daneben gelegen haben? Zettler liest Geschäftsberichte, steigt nun aus der Sicht des Controllers in die Materie ein. Was er findet, gefällt ihm nicht. Die Kosten des Unternehmens sind zu hoch, manche Investitionen, die Millionen kosteten, waren nicht nachvollziehbar. Mit einer langen Frageliste bewaffnet ging er unbedarft zur ersten Hauptversammlung im Jahr 2012.

Privatanleger machen Druck



Dort wurde er aber eher belächelt. Auch wenn seine eigene Aktienposition nicht so klein war, sah das Gremium um Vorstandschef Michael Schmidt zunächst keine Gefahr. Schmidt selber hält rund 25,5 Prozent der Aktien und kassierte ein, wie Zettler findet, "für ein so kleines Unternehmen fürstliches Gehalt". Da wurden schnell einmal 500 000 Euro als Vergütung gezahlt. Weil seine Mitvorstände deutlich weniger verdienen, könnte die Vermutung aufkommen, dass sich Schmidt über seinen Gehaltsscheck eine Vorabdividende auszahlt, noch bevor die Aktionäre an der Reihe sind.

Controller Zettler ist das ein Dorn im Auge. Doch mit seinem Aktienpaket kommt er nicht weiter. Und ab diesem Punkt wird die Geschichte richtig spannend, vielleicht sogar wegweisend für andere Small Caps. Wie das bei vielen Nebenwerten üblich ist, tauschte sich Zettler in Internetforen mit Leidensgenossen aus. So entstand der Plan, Stimmrechte zu bündeln, Crowd-Voting, wenn man so will. Zettler richtete eine E-Mail-Adresse ein, über die sich interessierte Anleger an ihn wenden konnten. Viele überzeugte er. Die Abwicklung ist unkompliziert.

Aber auch andere Aktionäre wurden durch seine Hauptversammlungsauftritte auf ihn aufmerksam und übertrugen die Stimmrechte. Mit einem Mal war er bei mehr als zehn Prozent gelandet, und die Verwaltung konnte ihn nicht mehr ignorieren. Seine Gruppe kann außerordentliche Hauptversammlungen einberufen, Sonderprüfungen fordern und vor allem auch die Entlastung des Vorstandschefs verweigern. Weil der nicht für sich abstimmen kann, muss er kooperieren. Der erste große Coup gelingt der Gruppe um Zettler 2015. Es wird ein Aufsichtsratsmandat geräumt, und Jürgen Beck-Bazlen zieht in den Aufsichtsrat ein. Das Engagement und der Druck haben auch operativ Wirkung gezeigt. Das Chefgehalt ist deutlich niedriger als noch vor Jahren. Seit dem vierten Quartal 2015 hat 3U Holding die Gewinnzone erreicht. Für das Geschäftsjahr 2016 wurde sogar vorgeschlagen, eine Dividende von einem Cent pro Aktie zu zahlen.

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Stimmrechte gesucht



Doch das reicht Zettler noch nicht. Dass die Gruppe nur mit einem Mandat im Aufsichtsrat vertreten ist, soll nur ein Zwischenziel sein. Der streitbare Aktionär möchte auf Basis der um ihn gescharten Stimmrechte gern ein zweites Aufsichtsratsmandat. Nach wie vor kann er im aktuellen Aktienkurs den wahren Wert der 3U Holding nicht erkennen. Gerade Beteiligungen wie etwa der Cloud-Software-Anbieter Weclapp sind im aktuellen Kursniveau nicht eingepreist. Allerdings fehlen noch Stimmen. Die Gruppe um Zettler bringt es auf rund 15 Prozent.

Doch was ist mit den restlichen Aktien? Zettler vermutet, dass ein Großteil als Erinnerungsposten in den Depots geführt wird. Das ist bei vielen ehemaligen Werten des Neuen Marktes der Fall, die nach dem Absturz nie verkauft, dafür aber vergessen wurden. Im Vorfeld zur kommenden Hauptversammlung am 18. Mai will der Aktionär deshalb verstärkt Werbung in eigener Sache machen und Aktionäre gewinnen, die ihr Stimmrecht nicht ausgeübt haben. Wer überlegt, Stimmrechte an Zettler zu übertragen, kann mit ihm Kontakt aufnehmen (akionar@gmx.de).

Für Zettler steht fest: Solange der innere Wert des Unternehmens, den er auf Basis der aktuellen Bilanz auf rund 1,21 Euro taxiert, nicht annähernd erreicht wurde, will er nicht aufgeben. Eine von Zettler angestellte Rechnung zu stillen Reserven kommt aktuell sogar auf einen Wert von 1,90 Euro pro Aktie. Sollte seiner Gruppe auch dank zusätzlicher Stimmen von Privatanlegern ein zweites Aufsichtsratsmandat zukommen, kann der gelernte Controller dem Management noch intensiver auf den Zahn fühlen.

Den freien Aktionären wäre es zu wünschen, dass ein höherer Anteil der Erträge bei ihnen landen kann und sich der Kurs dem inneren Wert und vielleicht sogar dem fairen Wert annähert.