Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Parteien zusammen ab 2019 höchstens 190 Millionen Euro bekommen dürfen statt wie bisher 165 Millionen Euro. Bekannt wurde er der Öffentlichkeit erst am Mittwoch. Schon kommende Woche soll der Bundestag das Gesetz beschließen. Mit den Stimmen der großen Koalition, die die Anhebung um 15 Prozent als "maßvoll" bewertet, dürfte das auch geschehen. Am Freitag überwies der Bundestag den Entwurf zunächst zur Beratung in den zuständigen Innenausschuss.
Die Finanzen der Parteien stehen auf mehreren Säulen: Mitgliedsbeiträge, Spenden, selbst erwirtschaftetes Geld und staatliche Zuschüsse. Deren Höhe bemisst sich an der "Verwurzelung in der Gesellschaft", oder auch: an Wahlergebnissen. Schaut man sich die jüngsten Wahlergebnisse in Deutschland an, hat insbesondere die SPD verloren. Dass deren Kassen nach mehreren Sonderparteitagen und einer Mitgliederbefragung zur GroKo geschröpft sind, ist kein Geheimnis.
Der Vorstoß der Regierungsfraktionen hat aus Oppositionssicht ein Geschmäckle. Nicht nur die Sommerferien stehen vor der Tür, es beginnt auch noch die Fußball-WM. Rückblick: Während des "Sommermärchens" 2006 wurde die Mehrwertsteuer erhöht, zur WM 2010 der Krankenkassenbeitrag, zur EM 2012 das Meldegesetz verabschiedet. Offiziell sagt keiner, dass unpopuläre Entscheidungen gern mal in Zeiten gelegt werden, in denen die Wähler anderes im Kopf haben.
Die Koalitionsfraktionen begründen ihr Vorhaben mit gestiegenen Anforderungen an die Parteien in Zeiten der Digitalisierung: Es stellen sich ganz neue Fragen der Sicherheit im Netz, die Kommunikation auf Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, WhatsApp und Co. braucht Zeit und Know-how.
"Die innerparteiliche Willensbildung und die Kommunikation stehen heute auf einer sehr viel breiteren Grundlage als noch vor einem Jahrzehnt", erklärte CDU-Politiker Stephan Harbarth im Bundestag. Sein SPD-Kollege Mahmut Özdemir sagte, die Parteien seien verpflichtet, sich auf die neuen Medien-Gewohnheiten der Bürger einzulassen und einen vorbildlichen Datenschutz zu leisten. Jeder Cent für die Parteien sei ein Cent für die Förderung der Demokratie.
Inhaltliche Kritik und Protest gegen die Vorgehensweise der Koalition kam aus allen vier Oppositionsfraktionen. Hermann Otto Solms von der FDP legte den Finger in die Wunde, dass die schlechten Wahlergebnisse bei der Bundestagswahl sowohl SPD als auch CDU und CSU Geld kosten: "Machen sie bessere Politik, dann kriegen sie auch wieder mehr Zustimmung, und dann werden Sie ihre Finanzprobleme auch lösen." Sein Fraktionskollege Marco Buschmann vermutete als Grund hinter der Eile auch, dass der Koalition die Sache eigentlich unangenehm sei.
Friedrich Straetmanns von den Linken fragte die GroKo, ob sie sich eigentlich überlegt habe, wie das "da draußen ankommt". Bei der Anhebung etwa von Renten oder Sozialleistungen sei sie deutlich zurückhaltender, sagte er. "Man könnte diesen Entwurf auch ein Gesetz zur Steigerung der Politikverdrossenheit nennen", sagte er, und forderte, Unternehmensspenden an Parteien zu verbieten.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, nannte den Zeitplan der GroKo - zu Beginn der Fußball-WM - "einfach nur dreist". Union und SPD schadeten damit dem Ansehen von Parteien insgesamt. Die Initiative müsse gemeinsam beraten werden. Die Grünen fordern unter anderem neue Transparenzregeln für die Parteienfinanzierung.
Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz sprach von einem "Griff in den Geldbeutel des Steuerzahlers" und warf der GroKo eine "Selbstbedienungsmentalität" vor. Wirtschaftsunternehmen sparten in der digitalen Welt Kosten ein, statt mehr auszugeben. Die Finanzierung der AfD war am Rande auch ein Thema der Debatte. Mit dem "obskuren Finanzierungsnetzwerk" der Rechtspopulisten werde sich die Koalition auch noch beschäftigen, kündigte CDU-Politiker Harbarth an./ted/DP/fba