von Christian Bahr, Leiter Produktentwicklung bei STOXX Ltd.

Das Börsenjahr hatte für Anleger bislang eine Berg- und Talfahrt zu bieten: Zunächst schoss der DAX in weniger als vier Monaten auf über 12 000 Punkte und der Euro Stoxx 50 stieg um 27 Prozent an. Im Anschluss spitzte sich die Griechenlandkrise erneut zu und chinesische "A"-Aktien stürzten ab. Die Kurse gaben im Zuge dessen wieder deutlich nach. Zuletzt überschritt der deutsche Leitindex wieder die 11 000-Punkte-Grenze. Von der Jahresendrally erhoffen sich viele Investoren einen weiteren Anstieg. Doch die kommenden Monate versprechen auch weitere Unsicherheit: Wann werden die Leitzinsen in den USA erhöht? Wie entwickelt sich die chinesische Wirtschaft? Und wie wirkt sich die Flüchtlingskrise auf Europa aus?

Im anhaltenden Niedrigzinsumfeld möchten viele Anleger nicht auf die möglichen Renditen verzichten, die mit einer Aktienanlage möglich sind. Sie stehen deshalb vor der Frage, wie sie sich gegen Abwärtsrisiken absichern können. Viele Strategien zur Risikominimierung setzen auf Unternehmen, die in der Vergangenheit geringe Kursschwankungen aufwiesen.

Ein Portfolio, das weitere Faktoren wie etwa Verschuldung, Liquidität und Momentum nicht betrachtet, hat allerdings einen entscheidenden Nachteil: Bei unvorhergesehenen Ereignissen können die einzelnen Titel im Gleichklang einbrechen. Die jüngere Vergangenheit hält Beispiele dafür bereit. So galten etwa japanische Versorgungsunternehmen bis zur Tsunami-Katastrophe und dem havarierten Atomkraftwerk in Fukushima als solide Renditelieferanten bei geringem Risiko. Eine Auswahl ausschließlich nach niedriger Volatilität hätte sich jedoch verheerend auf ein japanisches Aktienportfolio ausgewirkt.

Minimum-Variance-Indizes können Kursverluste abfedern. Denn sie verfolgen eine Strategie, die sowohl Kursschwankungen als auch eine parallele Wertentwicklung, die Korrelation, der ausgewählten Titel berücksichtigt. Die Indizes basieren auf der modernen Portfoliotheorie des Nobelpreisträgers Harry Markowitz.

Im Kern gewichten die Minimum-Variance-Indizes die Einzeltitel für die jeweilige abgebildete Anlageregion so, dass deren unterschiedliche Wertentwicklung für möglichst geringe Wertschwankungen und damit ein niedrigeres Risiko genutzt werden. Die Folge: Anleger können Marktpositionen zu einem geringeren Risiko abbilden. Hierzu werden die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Wertpapieren berücksichtigt. Dies gelingt mit ausgefeilten Modellen und einer breiten Datenbasis. STOXX arbeitet bei der Berechnung seiner Minimum-Variance-Indizes mit Axioma, einem Spezialisten für Risikomanagement, zusammen. Die Indizes zeichnen sich vor allem durch geringere Verluste bei Abwärtsbewegungen gegenüber einem klassischen Index aus.

Historische Daten zeigen allerdings auch, dass sich die Indizes bei Aufwärtsbewegungen häufig besser entwickeln. Die Folge: Minimum-Variance-Portfolios entwickeln sich in der Regel besser als bei klassischer Gewichtung. So erzielte etwa der STOXX-Europe-600-Minimum-Variance-Index über die vergangenen fünf Jahre hinweg jährlich eine um zwei Prozent bessere Wertentwicklung als der Standardindex, der STOXX-Europe-600-Index. Die jährliche Volatilität lag im gleichen Zeitraum bei 11,9 gegenüber 16,5 Prozent beim breiten Marktindex.

Minimum-Variance-Indizes vermeiden sowohl Kursschwankungen als auch hohe Abhängigkeiten innerhalb eines Portfolios und bieten Anlegern eine echte Risikominimierung. Sie können sich so effektiv abgesichert in einem unsicheren Marktumfeld aufstellen und langfristig von Renditeaufschlägen profitieren. Im aktuellen Börsenjahr (Stand: 6. November) legte der STOXX-Europe-600-Minimum-Variance-Index um mehr als 20 Prozent zu - der breite Marktindex um etwa 13 Prozent.

Im Profil



Christian Bahr ist Leiter der Produktentwicklung bei STOXX Ltd. In dieser Funktion verantwortet er die Konzeption und Entwicklung innovativer Indexkonzepte sowie die Aufsicht über die Regeln und Methoden der bestehenden Indizes. Vor seinem Eintritt bei STOXX leitete er die europäischen Indexteams von Dow Jones Indexes. Christian Bahr hat einen Doktortitel in Volks- und Betriebswirtschaft der Universität Hannover.