Die hakelige Konjunktur zwingt den Tech­-Konzern bei neuen Produkten zu einer vorsichtigen Preisstrategie. Chef Tim Cook erkundet clevere Wege, den Umsatz zu steigern. Von Stephan Bauer

"Far out“ — weit draußen — lautete das Motto der jüngsten Apple-Produktshow. Chef Tim Cook präsentierte nach zwei Jahren Pandemie endlich wieder live, das mit Spannung erwartete Event startete mit Einspielern von Sternennebel und vorbeirauschenden Satelliten. Die Stars der Show: neue iPhones, Airpods und das jüngste Update der Computeruhr Apple Watch, die nächste Generation der Apple-Produkte also, die das Umsatzzentrum im Apple-Universum bilden.

Die „Dinge, die immer bei euch sind und euch helfen, wenn ihr sie braucht“, wie sie der Apple-Chef anpries, bieten professionelle Outdoor-Funktionen — und damit eine weitere Stoßrichtung, mit der Cook und seine Entwickler den Käuferkreis ausweiten. Die Watch Ultra etwa ist besonders robust und zielt auf Extremsportler, das Edelmodell für knapp 1000 Dollar arbeitet bei Bedarf als Tauchcomputer. Das iPhone 14 wiederum bietet nicht nur eine komplexe Unfallerkennung, es ist auch ist in der Lage, direkt mit Satelliten zu kommunizieren — etwa um im Notfall per Signal Rettung auch dann zu organisieren, wenn der Besitzer ganz weit draußen eine Trekkingtour unternimmt.

Apple überrascht bei Preissetzung

Zur Überraschung vieler ließ Apple die Einstiegspreise für das iPhone in den USA weitgehend unverändert. In den Staaten reicht die Preisspanne beim Topmodell Pro Max bis rund 1600 Dollar. Wer hierzulande ein iPhone Pro Max bestellt, kann bis zu 1949 Euro ausgeben. Ein Grund für Cooks vorsichtige Preisstrategie: Der US-Smartphone-Markt brach seit Jahresanfang rund zehn Prozent ein. „Apple hat sich bis dato gut geschlagen. Jetzt kommt es darauf an, wie das Weihnachtsgeschäft angesichts gestresster Kunden läuft“, so der renommierte Experte Gene Munster.

Cook hält also Käufer in der iPhone-Welt, deren Kaufkraft im inflationären Umfeld unter Druck steht — und findet andere Wege, den Umsatz auszuweiten. Denn der Tech-Konzern setzt zugleich Anreize für Gut- betuchte, beim iPhone 14 tief in die Tasche zu greifen. Heiß begehrte Features wie den neuen, stark auf- lösenden Kamerasensor oder den blitzschnellen A16-Prozessor etwa gibt es nur im teuren Modell Pro.

Trotz der stabilen Preise im Kernmarkt USA stehen deshalb die Chancen gut, dass der Durchschnittspreis des Smartphones, wie schon in den vergangenen Jahren, weiter steigt. 2013 zahlten Kunden für ein iPhone im Schnitt noch rund 600 Dollar. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres bis Ende September verkauften die Kalifornier laut „Wall Street Journal“ 189 Millionen Stück und erzielten damit einen Gesamtumsatz von 163 Milliarden Dollar — macht 863 Dollar im Schnitt.

Fazit

Analysten zufolge könnte Apple in den USA in zwei Jahren einen Marktanteil bei Smartphones von über 50 Prozent erreichen. Der Motor auch für den Vertrieb benachbarter Produkte wie den Airpod-Kopfhörern, den Uhren und den Apps läuft damit wohl weiter wie geschmiert.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Euro am Sonntag 36/2022. Werfen Sie hier einen Blick ins Heft.

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